Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbsabrede. Wettbewerbsbeschränkung. Rechtswirksamkeit. Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine unverbindliche Wettbewerbsvereinbarung vermag die berufliche Tätigkeit des Arbeitslosen nicht zu beschränken.

2. Die Konkurrenzklausel muß die Vermittlungsfähigkeit des Arbeitslosen auf dem für ihn in Betracht kommenden Teilarbeitsmarkt tatsächlich in nennenswertem Umfang erschweren.

 

Normenkette

AFG § 128a; HGB § 74

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 04.12.1985; Aktenzeichen S 9 Ar 433/84)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 4. Dezember 1985 und der Bescheid der Beklagten vom 10. September 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 1984 aufgehoben.

2. Die Beklagte hat der Klägerin die ihr in beiden Rechtszügen erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten weiterhin darüber, ob die Klägerin die Ihrem früheren Arbeitnehmer D. (D.) durch die Beklagte erbrachten Leistungen nach § 128 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der Zeit vom 16. Mai bis 30. Juli 1984 zu erstatten hat.

Der 1956 geborene D. war nach Lehre bis Mitte April 1975 und anschließendem Arbeitslosengeld (Alg)-Bezug als Kfz-Mechaniker und -Handwerker von Frühjahr bis Ende 1975 und von Anfang 1978 bis Mitte August 1980 tätig. Nach erneutem Alg-Bezug erhielt er ab Anfang März 1981 für den Besuch der Meisterschule Übergangsgeld und anschließend wiederum Alg. Nach Tätigkeit als Kfz-Meister von März bis Ende August 1982 trat er im Dezember 1982 in den Betrieb der Klägerin ein, die sich mit Entwicklung und Verkauf moderner Fahrzeug-Antriebstechnik (Turbo-Lader-Nachrüstung im Kfz-Bereich) beschäftigt. Anläßlich der Beendigung seiner Tätigkeit bei der Klägerin Mitte Mai 1984 erklärte sich D. damit einverstanden, für den Zeltraum von fünf Jahren sein bei der Klägerin erworbenes Wissen (Turbo-Nachrüstung mit Entwicklung und Montage) nicht anzuwenden im eigenen Geschäftsbereich, als Angestellter einer entsprechend agierenden Firma oder als Berater oder Informant Dritter oder als Strohmann agierender Personen, andernfalls eine Konventionalstrafe in Höhe von 50.000 DM fällig sei. D., der vom 9. bis 16. Juli 1984 arbeitsunfähig und – von der Arbeitsverwaltung bewilligt – vom 10. Juli bis 3. August 1984 ortsabwesend (Urlaub in Italien) war, erhielt ab 16. Mai 1984 Alg und ab Mitte Februar 1985 Arbeitslosenhilfe.

Im Anhörverfahren erklärte die Klägerin, sie habe sich aus Arbeitsmangel von D. getrennt und die Ausschlußklausel auf Turbo-Lader-Nachrüstung im Kfz-Bereich beziehe sich auf ein verschwindend kleines Teilsegment der Kfz-Meistertätigkeit; es gebe in (Nord-) Deutschland nur drei Betriebe, die sich mit ihrer Geschäftstätigkeit beschäftigten. Mit Bescheid vom 10. September 1984 forderte die Beklagte von der Klägerin nach § 128 a AFG die Erstattung der D. erbrachten Leistungen (Alg und Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung) im Gesamtbetrag von 5.571,72 DM für die Zeit vom 16. Mai bis 30. Juli 1984, weil die Wettbewerbsabrede den Arbeitslosen in seiner beruflichen Tätigkeit als Arbeitnehmer eingeschränkt habe.

Der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin, D. sei als Kfz-Meister in seinem Aufgabenbereich durch die Wettbewerbsvereinbarung in seinem Betätigungsfeld nicht eingeschränkt, blieb erfolglos, weil D. durch vertragliches Wettbewerbsverbot im Interesse des früheren Arbeitgebers gehindert sei, seine Kenntnisse und Fähigkeiten bei anderen Arbeitgebern einzusetzen (Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1984).

Im Klageverfahren hat die Klägerin erneut geltend gemacht, die Verwendungsmöglichkeiten des D. als Kfz-Mechanikermeister würden durch die Wettbewerbsabrede nicht eingeschränkt, weil er lediglich sein Wissen bezüglich Turbo-Nachrüstung, Entwicklung und Montage nicht anderweitig verwenden dürfe. Im Großraum Koblenz/Neuwied/Bonn gebe es keinen Betrieb, der sich mit Turbo-Nachrüstung und dergleichen beschäftige; es gebe aber viele Kfz-Betriebe, die einen Kfz-Meister wie D. hätten einstellen können, wenn hierzu Bedarf bestanden hätte. Außerdem bestünden ernstliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede, weil es an einer Gegenleistung an D. fehle.

Durch Urteil vom 4. Dezember 1985 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und hierzu unter anderem ausgeführt: Zwar sei die getroffene Wettbewerbsvereinbarung unwirksam, weil sie rechtlichen Anforderungen einer Konkurrenzklausel nicht genüge; gleichwohl verlange § 128 a AFG nicht, daß nur eine rechtswirksame Wettbewerbsvereinbarung die Erstattungspflicht auslöse. Bei Mobilitätsbereitischaft des D. wären ohne Wettbewerbsvereinbarung seine Einstellungschancen auch bei Arbeitgebern größer gewesen, die sich derzeit noch nicht, mit Turbo-Nachrüstung beschäftigen. Auch die Unterstellung, D. habe nur deshalb nicht vermittelt werden können, weil keine geeignete Kfz-Meisterstelle auf dem regional erreichbaren Ar...

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