Entscheidungsstichwort (Thema)

Erledigungsgebühr im sozialgerichtlichen Widerspruchsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005/1002 VV-RVG setzt ein für die Erledigung der Rechtssache ursächliches Mitwirken des Anwalts voraus.

2. Ein solches, auf eine Erledigung gerichtetes Mitwirken liegt nicht bereits in einer qualifizierten Widerspruchsbegründung.

3. Mangels Änderung der Rechtslage durch das RVG ist die zur Vorgängerregelung § 24 BRAGO ergangene höchstrichterliche Rechtssprechung weiterhin heranzuziehen, wonach ein besonderes Bemühen im Sinne einer auf einvernehmliche Streitbeilegung gerichteten Tätigkeit gefordert wird.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 24.7.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu erstattenden Kosten anwaltlicher Vertretung in einem Widerspruchsverfahren.

Die 1987 geborene Klägerin beantragte im März 2006 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 24.4.2006 ab.

Dagegen legte die Klägerin durch ihre anwaltliche Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein. Dieser wurde mit zwei dreiseitigen Schriftsätzen vom Mai 2006 und Juni 2006 begründet.

Der Beratungsarzt Dr. L. wies in einer daraufhin eingeholten Stellungnahme vom Juni 2006 darauf hin, dass seiner Auffassung nach die Erkrankungen der Klägerin ihrer beruflichen Tätigkeit als Auszubildende zur Rechtsanwaltsgehilfin nicht entgegenstünden, empfahl allerdings die Einholung eines lungenfachärztlichen Gutachtens. Nach Auswertung des daraufhin eingeholten Gutachtens von Dr. W. vom November 2006, der eine stationäre Reha-Maßnahme als gerechtfertigt ansah, half die Beklagte dem Widerspruch in vollem Umfang ab und bewilligte mit Bescheid vom 24.11.2006 die beantragte Leistung.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin übersandte der Beklagten im November 2006 eine Kostenrechnung, mit der sie Gebühren nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in Höhe von insgesamt 680,34 EUR geltend machte. Der Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

Geschäftsgebühr nach Nr 2500 VV RVG

 280,00 EUR

Erledigungsgebühr nach Nr 1005, 1002 VV RVG

 280,00 EUR

Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV RVG

 20,00 EUR

Fotokopiekosten für Fertigung Aktenauszug (13)

 6,50 EUR

16% Umsatzsteuer

 93,84 EUR

SUMME

 680,34 EUR

Die Beklagte setzte die zu erstattenden Kosten mit Bescheid vom 3.1.2007 lediglich auf 355,54 EUR fest. Die beanspruchte Erledigungsgebühr der Nr 1005 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) sei nicht angefallen. Das Widerspruchsverfahren habe sich nicht in vergleichsähnlicher Weise durch ein gegenseitiges Nachgeben erledigt. Außerdem habe es an der erforderlichen anwaltlichen Mitwirkung gefehlt.

Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.2.2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.3.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Trier erhoben.

Sie hat vorgetragen, für den Anfall der Erledigungsgebühr sei maßgebend, ob die Beklagte auf Grund ihrer anwaltlichen Tätigkeit ihren bisherigen ungünstigen Standpunkt aufgegeben und dem Widerspruch in vollem Umfang abgeholfen habe. Sie verweise insoweit auf das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 19.4.2005 - S 13 KR 15/05. Aufgrund der nunmehr vorliegenden Urteile des Bundessozialgerichts vom 7.11. 2006 (B 1 KR 13/06 R; B 1 KR 22/R und B 1 KR 23/06 R) ergebe sich keine andere Beurteilung, weil sich aus den im Widerspruchsverfahren eingereichten Schriftsätzen ein besonderes Bemühen ergebe, das sich nicht nur im Umfang, sondern auch hinsichtlich des Inhalts zeige.

Die Beklagte hat erwidert, nach Erhebung des Widerspruchs sei ein Gutachten eingeholt und nach dessen Auswertung umgehend eine volle Abhilfe erfolgt. Bei dieser Sachlage erfülle die Tätigkeit der Bevollmächtigten der Klägerin nicht die Voraussetzungen der Mitwirkung nach der Nummer 1002 VV RVG, so dass die Erledigungsgebühr nicht verlangt werden könne.

Mit Urteil vom 24.7.2007 hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte zur Zahlung weiterer 324,80 EUR (Erledigungsgebühr 280 EUR nebst darauf entfallende Umsatzsteuer 44,80 EUR) verurteilt.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihr am 4.9.2007 zugegangenen Urteil hat die Beklagte am 21.9.2007 Beschwerde beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) eingelegt.

Mit Beschluss vom 22.1.2008 hat das LSG die Berufung zugelassen.

Die Beklagte trägt vor, alleine die sorgfältige Begründung eines Widerspruchs reiche nicht aus, um den Gebührentatbestand der Erledigungsgebühr nach Nr 1005, 1002 VV RVG auszulösen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 24.7.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitst...

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