Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung der Studenten

 

Leitsatz (amtlich)

Die unselbständige Mitversicherung in einer privaten Familienkrankenversicherung reicht für die Befreiung von der studentischen Krankenversicherungspflicht nicht aus. Voraussetzung für die Befreiung ist ein eigener Versicherungsvertrag des Studenten mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen.

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 04.05.1976; Aktenzeichen S 9 K 5/76)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 4. Mai 1976 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind in keinem der beiden Rechtszüge zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Befreiung von der studentischen Krankenversicherungspflicht.

Der am … 1954 geborene Kläger ist seit dem Wintersemester 1975/76 Studierender an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz in L.. Im November 1975 beantragte er bei der Beklagten, ihn nach § 173 d Reichsversicherungsordnung (RVO) von der Krankenversicherungspflicht zu befreien. Er legte eine Bescheinigung der Postbeamtenkrankenkasse in Speyer vom 5. November 1975 vor, in der es heißt, für den Vater des Klägers als Mitglied der Krankenkasse und dessen Angehörige, den Kläger und seine Mutter, bestehe ein Krankenversicherungsvertrag, der Vertragsleistungen vorsehe, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenhilfe entsprächen. Die Postbeamtenkrankenkasse erhebt den Versicherungsbeitrag von dem jeweiligen Mitglied. Bei der Mitversicherung von Familienangehörigen ist der Versicherungsbeitrag um einen Zuschlag erhöht.

Durch Bescheid vom 18. November 1975 hat die Beklagte den Befreiungsantrag des Klägers abgelehnt, weil der Kläger bei der Postbeamtenkrankenkasse keinen eigenen Versicherungsanspruch, sondern lediglich einen Familienhilfeanspruch habe, der für die Befreiung von der Versicherungspflicht nicht ausreiche. Mit dem dagegen erhobenen Widerspruch hat der Kläger geltend gemacht: Es bestehe kein Unterschied zwischen der Eigenversicherung und der Mitversicherung. Er selbst habe den gleichen Versicherungsschutz wie sein Vater als Mitglied der Krankenkasse.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten hat durch Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 1975 den Widerspruch des Klägers im wesentlichen mit der gleichen Begründung wie im Ablehnungsbescheid zurück gewiesen und dabei auf zwei Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Februar 1964 – 3 RK 28/62 – und vom 18. März 1966 – 3 RK 89/65 – Bezug genommen.

Am 16. Januar 1976 hat der Kläger die Klage zum Sozialgericht Speyer erhoben.

Der Kläger hat vorgetragen: Seine Mitversicherung bei der Postbeamtenkrankenkasse sei wie ein eigener Anspruch aus einem selbständigen Versicherungsvertrag ausgestaltet. Nach der Satzung der Krankenkasse gingen nämlich bei dem Tod des Mitglieds die Rechte auf die Ehefrau und auch bei deren Tod auf die mitversicherten Kinder über. Diese Regelung und seine volle Absicherung im Krankheitsfalle müßten für die Befreiung von der Versicherungspflicht ausreichen. Die Begründung eines eigenen Versicherungsvertrages würde zu zusätzlichen wirtschaftlichen Belastungen des Unterhaltspflichtigen, also seines Vaters, führen. Gerade eine solche Doppelbelastung solle jedoch durch die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, ausgeschlossen werden. Im übrigen müsse die Beklagte ihn aber auch deshalb von der Versicherungspflicht befreien, weil sie andere Studenten, die ebenfalls bei der Postbeamtenkrankenkasse nur mitversichert seien, von der Versicherungspflicht befreit habe. Anderenfalls verstoße die Beklagte gegen den Gleichheitssatz.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht: Aufgrund der anderen Fälle, in denen sie rechtsirrtümlich Studenten von der Versicherungspflicht befreit habe, könne der Kläger für sich keine Befreiung verlangen, weil ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nicht bestehe. Für die Auslegung des erst 1975 eingefügten § 173 d RVO müsse von der für Rentner geltenden gleichlautenden Befreiungsvorschrift (§ 173 a RVO) und der Vorschrift über den Beitragszuschuß für Rentner (§ 381 Abs. 4 RVO) bei Bestehen einer privaten Krankenversicherung ausgegangen werden. Nach den beiden genannten Urteilen des BSG vom 13. Februar 1964 und vom 18. März 1966 setze der Beitragszuschuß voraus, daß der Rentner einen eigene Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen habe. Das müsse genauso für den Anspruch eines Studenten auf Beitragszuschuß nach § 8 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Studenten gelten. Daraus sei zu schließen, daß § 173 d RVO für die Befreiung von der Versicherungspflicht ebenfalls einen eigenen Versicherungsvertrag des Studenten voraussetze.

Durch Urteil vom 4. Mai 1976 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger ab Dezember 1975 von der Versicherungspflicht zu befreien. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Die Befreiungsvorschrift des § 173 d RVO s...

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