Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung überzahlter Vorschüsse

 

Leitsatz (amtlich)

Sind dem Rentenversicherungsträger dem Grunde nach die Voraussetzungen des § 93 Abs 1 SGB 6 für die Anrechnung einer Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung auf die Hinterbliebenenrente bekannt, können ohne Berücksichtigung dieser Anrechnung überzahlte Vorschüsse auf die Hinterbliebenenrente nicht nach § 42 Abs 2 S 2 SGB 1 sondern nur unter den erschwerten Voraussetzungen der §§ 50, 45 Abs 2 SGB 10 zurückgefordert werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Empfänger die Zahlungen ohne grobe Fahrlässigkeit für Rentenzahlungen halten durfte.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 24.08.1995; Aktenzeichen S 7 Kn 7/95)

 

Tenor

1. Auf die Berufungen der Kläger werden die Urteile des Sozialgerichts Koblenz vom 24.8.1995 und die Bescheide der Beklagten vom 6.5.1994 und 24.10.1994 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19.12.1994 aufgehoben.

2. Die Beklagte hat die den Klägern in beiden Rechtszügen entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Rückforderung eines überzahlten Rentenvorschusses von 13.430,64 DM.

Sie sind die Erben ihrer am … 1994 verstorbenen Mutter M. Q., die als Witwe des am … 1992 verstorbenen Versicherten H. Q. (Vater der Kläger) am 22.1.1992 bei der Beklagten einen Formularantrag auf Gewährung der Hinterbliebenenrente stellte und darin angab, daß sie bei der Bergbau-BG ebenfalls eine Hinterbliebenenrente beantragt habe.

Der Versicherte war an seiner am 10.11.1966 eingetretenen Berufskrankheit Silikose (Quarzstaublungenerkrankung) gestorben, wegen der er eine Verletztenrente nach einer MdE von zuletzt 80 % von der BG bezogen hatte. Daneben hatte er von der Beklagten zunächst ab 1.3.1966 das Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres – er war am 1.3.1906 geboren – und ab 1.7.1971 das Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres erhalten.

Auf Anfrage teilte die BG der Beklagten am 4.2.1992 mit, daß sie der Witwe als Vorschuß auf Überbrückungsrente (für das sogenannte Sterbevierteljahr nach § 591 RVO) den Betrag von 1.700,– DM bewilligt habe. Daraufhin verfügte die Beklagte am 18.2.1992 eine Vorschußzahlung an die Witwe für die gleiche Zeit (sogenanntes Sterbevierteljahr von Februar bis April 1992) von monatlich 2.097,63 DM, die sie der Witwe überwies. Darüber hinaus gewährte sie der Witwe aufgrund einer Verfügung vom 20.3.1992 (die darin vorgesehene Vordruckmitteilung 23118 mit dem Vorbehalt einer Rückzahlungsverpflichtung bei Überzahlungen wurde gestrichen) mit Vordruck 26101 (ein Exemplar davon konnte die Beklagte nicht vorlegen) ab 1.5.1992 nur noch 1.200,– DM monatlich. Nach Angaben der Beklagten enthielt der Vordruck 26101 den Hinweis, daß die EDV-Programme auf das Recht des SGB VI ab 1.1.1992 noch nicht umgestellt seien und daß deshalb bis zur genauen Berechnung der Rente 6/10 der Versichertenrente des Ehemannes gezahlt würden. Über die gesetzliche Rentenanpassung zum 1.7.1992 erhielt die Witwe von der Beklagten die schriftliche Mitteilung, die „vorläufige Rente (Vorschuß)” betrage ab diesem Zeitpunkt monatlich 1.232,52 DM.

Am 20.8.1992 teilte die BG der Beklagten mit, daß sie der Witwe durch Bescheid vom 18.8.1992 eine Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung von monatlich 1.074,20 DM ab 1.5.1992, 1.106,96 DM ab 1.7.1992 und 1.107,– DM ab 1.10.1992 bewilligt habe. Am 20.10.1992 erklärte die BG der Beklagten, die zu einer EDV-Rentenberechnung immer noch nicht in der Lage war, sie werde die bisher zurückgehaltene Nachzahlung (4.837,60 DM) auch an die Witwe überweisen. Im April 1993 erfuhr die Beklagte auf Anfrage, daß die BG der Witwe für die Zeit vom 1.2. bis zum 30.4.1992 (Sterbevierteljahr) monatlich 1.790,33 DM gewährt hatte.

Durch Bescheid vom 22.4.1993 bewilligte die Beklagte der Witwe die Hinterbliebenenrente rückwirkend ab 1.2.1992. Nach Anrechnung der Verletztenrente gemäß § 93 SGB VI verringerte sich der Rentenanspruch auf monatlich 739,41 DM ab 1.2.1992, 443,67 DM ab 1.5.1992, 454,50 DM ab 1.7.1992 und 454,46 DM ab 1.10.1992. Daraus ergab sich nach Verrechnung der Vorschußleistungen für die Zeit vom 1.2.1992 bis zum 31.5.1993 eine Überzahlung von 13.430,64 DM. Diesen Betrag forderte die Beklagte mit dem Rentenbescheid von der Witwe zurück. Während des dagegen gerichteten Widerspruchsverfahrens ist die Witwe verstorben.

Zunächst durch Bescheid vom 6.5.1994 an die Klägerin A. S. und sodann durch gleichlautende Bescheide vom 24.10.1994 an die übrigen Kläger forderte die Beklagte von diesen als Gesamtschuldnern die Zahlung von 13.430,64 DM mit der Begründung, bei den monatlichen Vorschußzahlungen an die Witwe sei die später zuerkannte Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung nicht berücksichtigt worden, so daß es zur Überzahlung gekommen sei. Für diesen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch hätten sie nunmehr als Erben einzustehen (§§ 1922, 1967 BGB). Die Neuregelung...

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