Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch des Hauptunternehmers. Insolvenz des Nachunternehmers. Erfüllung der Zahlungspflicht aus § 14 AEntG 2009. Erlöschen des Arbeitsentgeltanspruches. angenommener Forderungsübergang -Vorrangigkeit der Bürgenhaftung vor Haftung der BA

 

Orientierungssatz

1. Die Arbeitsentgeltansprüche von Arbeitnehmern des Nachunternehmens sind im Umfang der erfolgten Zahlungen des Hauptunternehmens im Zuge der Bürgenhaftung nach § 14 AEntG 2009 gem § 362 BGB erfüllt und somit erloschen.

2. In diesem Fall kann der Anspruch auf Insolvenzgeld nach § 170 SGB 3 auch nicht mit dem Anspruch auf Arbeitsentgelt nach § 774 Abs 1, § 412 und § 401 BGB auf den Generalunternehmer übergehen.

3. Selbst wenn grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass eine Übertragung des Anspruchs im Sinne von § 170 Abs 1 SGB 3 auch in einem gesetzlichen Forderungsübergang liegen kann, ist hier von einer Vorrangigkeit der Bürgenhaftung nach § 14 AEntG 2009 gegenüber § 170 Abs 1 SGB 3 auszugehen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.02.2023; Aktenzeichen B 11 AL 37/21 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 25.04.2018 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 42.614,87 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Insolvenzgeld aus abgetretenem Recht hat.

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Als Generalunternehmerin beauftragte sie im Rahmen eines Werkvertrages auf einer Baustelle im F Europaviertel als Subunternehmerin die Firma K Bauunternehmen GmbH. Für die Firma K Bauunternehmen GmbH waren auf der Baustelle der Klägerin insgesamt 29 Arbeitnehmer tätig (bezüglich der namentlichen Benennung der Arbeitnehmer wird auf Blatt 85 der Prozessakte verwiesen). Am 18.05.2015 stellten die Arbeitnehmer ihre Tätigkeit für die Firma K Bauunternehmen GmbH ein, weil sie von dieser seit April 2015 keinen Lohn mehr erhalten hatten. Über das Vermögen der Firma K Bauunternehmen GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Offenbach vom 10.12.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet.

27 ehemalige Arbeitnehmer der Firma K Bauunternehmen GmbH wandten sich zur Wahrnehmung ihrer Interessen an die IG Bau in F . Diese schloss mit der Klägerin am 03.06.2015 im Namen von 22 namentlich genannten Arbeitnehmern (insoweit wird auf Blatt 12 der Prozessakte verwiesen) der Firma K Bauunternehmen GmbH eine Vereinbarung, in der folgendes geregelt war:

1. Die von der IG Bau vertretenen, genannten Arbeitnehmer erklären, dass sie in den Monaten April und Mai 2015 für die Firma K Bauunternehmen GmbH im Rahmen eines Werkvertrages auf der Baustelle H Straße, F -Europa-Viertel des Bauunternehmens & Bau GmbH tätig waren. Die Arbeitnehmer bestätigen, dass sie für den Zeitraum April und Mai 2015 von der Firma K keine Lohnzahlungen erhalten haben.

2. Die Firma & Bau GmbH erklärt, dass sie einen Werkvertrag mit der Firma K geschlossen hatte und zustehenden Zahlungsverpflichtungen aus diesem Vertag fristgerecht nachgekommen ist.

3. Die Geschäftsführung der Firma K ist seit 14.5.2015 nicht erreichbar. Die Geschäftstätigkeit ist offensichtlich eingestellt worden.

4. Die Arbeitnehmer der Firma K haben am 18.5.2015 die Arbeit auf der Baustelle nicht mehr aufgenommen. Die Arbeitnehmer versuchen seit diesem Zeitpunkt ihre ausstehenden Löhne zu erhalten und haben sich damit an die IG Bau gewandt und diese bevollmächtigt ihre Interessen zu vertreten, Vereinbarungen in dessen Namen abzuschließen und Zahlungen zur Weiterleitung entgegen zu nehmen.

5. Ohne Anerkennung einer Verpflichtung und zur Vermeidung eines Rechtsstreits bezüglich einer Generalunternehmer-Haftung zahlt die Firma & Bau GmbH einen Betrag von insgesamt 31.453,64 € an die IG Bau zu treuen Händen und zur Weiterleitung an die genannten Arbeitnehmer, entsprechend der geleisteten Arbeitsstunden. Dieser Betrag entspricht 70 % der Forderung vom 20.5.2015. Die Zahlung erfolgt mit Schuldbefreiender Wirkung auf das Konto der IG BAU bei der SEB AG, Frankfurt, IBAN … unter Angabe des Verwendungszweckes: 0600 Rum.Bauarbeiter innerhalb von 2 Bankarbeitstagen nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung.

6. Die von der IG Bau vertretenen Arbeitnehmer verpflichten sich keine weiteren Ansprüche aus dem Bauvorhaben gegen die Firma & bau GmbH für April und Mai 2015 geltend zu machen. Für weitere Arbeitnehmer der Firma K, die auf der Baustelle der & Bau GmbH beschäftigt waren, können noch weitere Ansprüche entstehen.

7. Insolvenzgeld-Ansprüche, die in Folge eines Insolvenzverfahrens den Arbeitnehmern zustehen könnten, werden anteilig und in Höhe der geleisteten Zahlungen an die & Bau GmbH abgetreten.

8. Auf diese Vereinbarung findet ausschließlich das deutsche Recht Anwendung.

Für weitere fünf namentlich genannte ehemalige Arbeitnehmer der Firma K Bauunternehmen GmbH (insoweit wird auf Bl. 13 d...

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