Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 19.09.1986; Aktenzeichen S 5 J 104/85)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 19.9.1986 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die im Jahre 1933 geborene Klägerin begehrt die Gewährung einer Versichertenrente über den 31.8.1984 hinaus.

Sie hat in den Jahren 1948 bis 1952 den Beruf des Einzelhandelskaufmanns erlernt und in diesem Beruf auch bis zum Jahre 1975 gearbeitet. In den Jahren 1977 und 1978 war sie als Altenpflegehelferin tätig.

Wegen zunehmender Oberbauchbeschwerden und Stuhlunregelmäßigkeiten mit zeitweisem Blutabgang wurde sie im November 1982 im Stadtkrankenhaus W. operiert. Es handelte sich dabei um eine Querkolonresektion mit End-zu-End-Anastomose wegen eines stenosierenden Adenocarcinoms. Im Juli 1983 wurde aus dem Dickdarm noch ein carcinomatös entarteter Polyp abgetragen.

Die Beklagte gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit vom 5.8.1983 bis 31.8.1984. Den Weitergewährungsantrag der Klägerin wies die Beklagte zurück, da die Klägerin nach Ansicht der Sachverständigen Prof. Dr. S. und Dr. R. vom Stadtkrankenhaus W. noch leichte körperliche Arbeiten vollschichtig verrichten könne. Auch der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 8.3.1985 verwies die Beklagte die Klägerin als ungelernte Arbeiterin auf alle Hilfstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Das Sozialgericht Mainz hat als Sachverständigen Dr. E. gehört. Dieser hat ausgeführt, abgesehen von einigen nicht entzündeten Sigmadivertikeln (Darmausstülpungen) sei der Dickdarm völlig regelrecht. Ursache der geklagten schmerzhaften Bauchbeschwerden könnten postoperative Adhäsionen sein. Deshalb seien der Klägerin schwere und mittelschwere Arbeiten, die mit häufigen Erschütterungen des ganzen Körpers einhergingen, verboten. Wegen der Wirbelsäulenbeschwerden dürfe sie keine schwere körperliche Arbeit verrichten und nicht mehr längere Zeit in einer Zwangshaltung oder ständig in Nässe und Kälte arbeiten. Wegen des Auftretens von Teerstühlen hat das Sozialgericht bei der Hausärztin Dr. L. und dem Stadtkrankenhaus W. Befundberichte eingeholt und nochmals Dr. E. gehört. Dieser hat darauf hingewiesen, bei Teerstühlen sei die Blutungsquelle im oberen Anteil des Magen-Darm-Bereichs zu suchen. Die Untersuchungen der Klägerin sprächen gegen solche „Teerstühle”. Die Klägerin beobachte sich nach der Krebserkrankung offensichtlich vermehrt und messe den Beschwerden einen überhöhten Stellenwert zu. Wegen eines rezidivierenden Harnwegsinfekts müsse darauf geachtet werden, daß die Klägerin auf kurzem Wege eine Toilette erreichen könne.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin aufgrund des von Dr. E. befürworteten noch vollschichtigen Leistungsvermögens weder für berufs- noch für erwerbsunfähig gehalten. Sie habe ihren erlernten Beruf im Jahre 1975 aus anderen als gesundheitlichen Gründen aufgegeben und müsse sich als ungelernte bzw allenfalls angelernte Arbeiterin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen.

Die Klägerin hat gegen das am 30.9.1986 zugestellte Urteil am 28.10.1986 Berufung eingelegt.

Sie rügt eine unzureichende Aufklärung sowohl des medizinischen als auch des berufskundlichen Sachverhaltes. Wegen einer eventuellen Krebsphobie müsse bei dem Gutachter nochmals nachgefragt werden. Außerdem habe sie Beschwerden an den Händen. Sie könne morgens die Finger nicht bewegen. Es müsse deshalb von dem behandelnden Orthopäden Dr. G. ein Befundbericht eingeholt werden. Wegen erneut auftretender Teerstühle und Blutbeimengungen im Stuhl müsse auch beim Stadtkrankenhaus W. nachgefragt werden. Sie könne außerdem nicht mehr unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen tätig sein. Denn sie müsse am Tag mehrmals Gelegenheit haben, Diätmahlzeiten zu sich zu nehmen, und außerdem müsse eine Toilette in der Nähe ihres Arbeitsplatzes sein, welche sie häufig aufsuchen müsse. Wegen der Notwendigkeit, der Art der Diät und der Anzahl der Arbeitsunterbrechungen und Ruhepausen müsse ein Gutachten eingeholt werden. Wegen der Arbeitsbedingungen sei das Arbeitsamt zu befragen.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mainz sowie den Bescheid vom 30.10.1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.3.1985 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zumindest jedoch Berufsunfähigkeit über den 31.8.1984 hinaus weiter zu gewähren;

hilfsweise,

ein psychosomatisches Gutachten von Amts wegen einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin von Dr. E. von der P.klinik Bad R. ein internistisches Gutachten erstellen lassen. Darin heißt es, wegen der Krebserkrankung könne nunmehr nach fünf Jahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer Heilung gesprochen werden. Deshalb und wegen einer Magenpolypose müsse allerdings die Klägerin regelmäßig kontrolliert werden. Ihre Beschwerden seien jetzt im wesentlichen psychosomatisch bedingt....

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