Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 06.11.1995; Aktenzeichen S 2 U 321/94)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 6.11.1995, Az.: S 2 U 321/94 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Erkrankung des Klägers im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) die Voraussetzungen einer Berufskrankheit (BK) erfüllt.

Der 1939 geborene Kläger war seit April 1954 als Betonsteinwerker, Stempler, Kunststoffschlosser und Einrichter tätig. Zuletzt arbeitete er seit Oktober 1990 als Kunststoffschlosser. Seit 1.3.1993 erhält er vom zuständigen Rentenversicherungsträger eine Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Im Mai 1993 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung seiner Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und LWS als BK. In einem beigefügten Arztschreiben des St. M.krankenhauses S. vom Februar 1993 heißt es, er leide an einer Spondylolyse bei L 5 beidseits mit Spondylolisthese bei L 5/S 1.

Die Beklagte zog Arztunterlagen bei und holte eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom Oktober 1993 ein. Letzterer vertrat die Ansicht, in bezug auf die ab Oktober 1990 ausgeführte Tätigkeit seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer berufsbedingten Wirbelsäulenerkrankung nicht erfüllt.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers durch Bescheid vom 3.8.1994 ab. Zur Begründung führte sie an: Der Kläger habe – wenn überhaupt – nur vor dem 1.4.1988 eine wirbelsäulenbelastende Tätigkeit verrichtet. Der Versicherungsfall in bezug auf eine berufsbedingte Wirbelsäulenerkrankung könne daher allenfalls vor dem 1.4.1988, keinesfalls aber nach dem 31.3.1988 eingetreten sein. Nach dem in der BKVO geregelten Rückwirkungsausschluß hinsichtlich der BKen Nrn 2108–2110 der Anlage 1 zur BKVO komme eine Entschädigung nicht in Betracht, wenn der Versicherungsfall auf die Zeit vor dem 1.4.1988 zu datieren sei.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 13.10.1994 zurückgewiesen. Nach dem Erlaß des Widerspruchsbescheides hat sich der Staatliche Gewerbearzt des Landes Rheinland-Pfalz dahingehend geäußert, eine BK Nr. 2108 sei nicht wahrscheinlich zu machen, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen nach dem Bericht des TAD nicht vorlägen (Stellungnahme vom Oktober 1994).

Das Sozialgericht (SG) hat Auskünfte von Arbeitgebern des Klägers angefordert und einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. W. aus M. vom Februar 1995 eingeholt. Die Beklagte hat dazu eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Prof. Dr. H. Februar 1995 vorgelegt, wonach die beim Kläger vorliegenden Veränderungen im Bereich der LWS mit Sicherheit anlagebedingt seien.

Vor dem SG hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, sein Bandscheibenleiden im Bereich der LWS als BK Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO zu entschädigen. Durch Urteil vom 6.11.1995 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zur Bejahung, eines berufsbedingten Bandscheibenschadens sei der Nachweis eines mehrsegmentalen Bandscheibenschadens zu fordern.

Da beim Kläger ein solcher nicht vorliege, könne die Klage keinen Erfolg haben.

Gegen dieses ihm am 28.11.1995 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.12.1995 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung des Klägers.

Der Senat hat zunächst von Amts wegen ein Gutachten von Prof. Dr. Ha. von der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie der Universität B. vom Februar 1997 (mit Zusatzgutachten der Radiologischen Universitätsklinik B.) eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, aus medizinischer Sicht lägen die Voraussetzungen der BK 2108 nicht vor, ua weil sich im lumbosacralen Übergangselement berufsunabhängig eine Spondylolyse und eine Spondylolisthese fänden, welche für die dortige Bandscheibenschädigung verantwortlich seien.

Im Anschluß daran hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. B. aus F./… vom Juli 1997 veranlaßt. Dieser hat ausgeführt: In der Literatur tauchten vermehrt Hinweise darauf auf, daß eine Spondylolyse und eine Spondylolisthese Folgen von Berufstätigkeiten, die mit dem Heben und Tragen von schweren Lasten verbunden sind, sein könnten. Der wissenschaftliche Disput hierüber sei noch nicht beendet. Die Ermittlungen des TAD der Beklagten seien unvollständig und nicht geeignet, die Belastungssituation für die LWS annähernd angemessen zu beurteilen. Die Erkrankung im Bereich der LWS sei mit Wahrscheinlichkeit berufsbedingt. Die hierdurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei mit 40 % einzuschätzen.

Dazu hat die Beklagte eine Stellungnahme des Arztes für Arbeitsmedizin Ho. vom September 1997 vorgelegt. Dieser hat die Auffassung vertreten, die Spondylolyse sei kein Krankheitsbild, welches unter die BK Nr. 210...

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