Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegeversicherung. Bezuschussung von Sicherungstüren im Rahmen des § 40 Abs 4 SGB 11

 

Orientierungssatz

1. Der dauerhafte Einbau von Sicherungstüren, auch wenn er der Erleichterung der Pflege dient und dem Pflegeberechtigten eine selbständigere Lebensführung ermöglicht, unterfällt nicht dem Begriff der nach § 40 Abs 1 und 3 SGB 11 förderungsfähigen (technischen) Pflegehilfsmittel (zur Abgrenzung vgl BSG vom 3.11.1999 - B 3 P 3/99 R = SozR 3-3300 § 40 Nr 1).

2. Der in den "gemeinsamen Empfehlungen der Spitzenverbände der Pflegekassen zu den Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes des Pflegebedürftigen nach § 40 Abs 4 SGB 11" vom 10.7.1995 aufgestellte Katalog von zuschussfähigen Maßnahmen kann nicht als abschließend verstanden werden. Im Hinblick auf das von der Regelung verfolgte Ziel, die eigenständige Lebensführung des Pflegebedürftigen in seiner Wohnung zu fördern, dürfen Wohnungssicherungsmaßnahmen nicht von vornherein als nicht zuschussfähig ausgeschlossen werden.

 

Verfahrensgang

SG Koblenz (Urteil vom 05.01.2000; Aktenzeichen S 8 P 137/98)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.10.2001; Aktenzeichen B 3 P 3/01 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.1.2000 und der Bescheid der Beklagten vom 26.1.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.8.1998 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag auf Übernahme der Kosten in Höhe von 957,55 DM für den Einbau von drei Sicherungstüren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verfolgt als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter deren Anspruch auf Kostenübernahme von Sicherungstüren weiter.

Die Klägerin ist die Tochter und Alleinerbin der während des Widerspruchsverfahrens am 1.4.1998 verstorbenen H. N. (Versicherte). Diese war schwerpflegebedürftig und bezog von der Beklagten Leistungen der Pflegestufe II. Im sozialmedizinischen Gutachten des Dr. G. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 1.7.1995 sind als pflegebegründende Diagnosen eine senile Demenz, Herzrhythmusstörungen und eine kompensierte Herzinsuffizienz genannt. Der Gutachter bestätigte, dass der von der Klägerin nach entsprechender Information der Beklagten veranlasste Einbau von Treppenschutztüren im Haushalt der Klägerin, in dem die Pflegeberechtigte tagsüber gepflegt wurde, sowie einer Hoftür zur Sicherstellung der Pflege erforderlich waren; er befürwortete eine entsprechende Bezuschussung der Pflegekasse.

Die (anteilige) Übernahme der entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 957,55 DM lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.1.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.8.1998 ab, weil die Maßnahmen nicht der Pflegeerleichterung bei den vom Gesetz abschließend genannten Verrichtungen der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung gedient, sondern lediglich die Beaufsichtigung der Pflegeberechtigten erleichtert hätten.

Die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Koblenz durch Urteil vom 5.1.2000 abgewiesen und die Rechtsauffassung der Beklagten bestätigt, dass lediglich Maßnahmen zur Erleichterung oder Ermöglichung der häuslichen Pflege im Rahmen der nach § 14 Abs. 4 Elftes Sozialgesetzbuch (SGB XI) berücksichtigungsfähigen Verrichtungen förderungsfähig seien.

Auf die fristgerecht erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin hat der Senat durch Beschluss vom 16.5.2000 die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 5.1.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 26.1.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.8.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für den Einbau von drei Sicherungstüren in Höhe von insgesamt 957,55 DM zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält einen Anspruch der Klägerin weiterhin nicht für gegeben.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Der Akteninhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die kraft Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Als Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Versicherten hat sie Anspruch auf (weitgehende) Übernahme der durch den Einbau von Sicherungstüren entstandenen Kosten.

Zwar unterfällt der dauerhafte Einbau von Sicherungstüren, auch wenn er der Erleichterung der Pflege diente und der Pflegeberechtigten eine selbständigere Lebensführung ermöglichte, nicht dem Begriff der nach § 40 Abs. 1 und 3 SGB XI förderungsfähigen (technischen) Pflegehilfsmittel (zur Abgrenzung vgl BSG 3.11.1999 – B 3 P 3/99 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

Die Klägerin hat aber Anspruch auf Bezuschussung der Maßnahme nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Nach dieser Vorschrift können ...

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