Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Ende der freiwilligen Mitgliedschaft wegen Zahlungsverzugs. Hinweispflicht der Krankenkasse. Gebrauch der Einzugsermächtigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Pflicht zur Information des Mitglieds über die mögliche Übernahme der Beiträge durch den Sozialhilfeträger (§ 191 S 2) durch die Krankenkasse in einem Bescheid, in dem auf das Ende der freiwilligen Mitgliedschaft im Falle der fehlenden Beitragszahlung (§ 191 S 1 Nr 3 SGB 5) hingewiesen wird, gilt erst ab dem 1.1.2004.

2. Die Rechtsfolgen des § 191 S 1 Nr 3 SGB 5 treten auch ein, wenn der Beitragsbescheid der Höhe nach rechtswidrig ist, der Beitragsschuldner aber nicht einmal den Beitrag zahlt, den er nach seiner eigenen Auffassung schuldet.

3. Die Krankenkasse ist nicht in jedem Fall verpflichtet, von einer erteilten Einziehungsermächtigung Gebrauch zu machen.

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 21.2.2005 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist im Berufungsverfahren noch, ob die Beklagte zu Recht die Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin in der freiwilligen Krankenversicherung wegen Beitragsrückständen festgestellt hat.

Die Klägerin, die alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer mit Kranken- und Altenpflege befassten GmbH ist, ist freiwilliges Mitglied bei der Beklagten, wobei sie hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung als hauptberuflich Selbstständige veranlagt wurde. Durch Bescheid vom 10.9.1999 stufte die Beklagte die Höhe ihres Beitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung auf der Grundlage der Mindestbemessung, ausgehend von beitragspflichtigen Monatseinnahmen von durchschnittlich 3.310,-- DM, ein. Mit Bescheid vom 25.9.2002 setzte die Beklagte den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag ab dem 1.10.2002 auf 529,88 € (Höhe der Beitragsbemessungsgrenze) fest, da die Klägerin ihrer Nachweispflicht über niedrigere Einnahmen nicht nachgekommen sei.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Am 11.11.2002 erklärte ihr Ehemann fernmündlich: "Der Widerspruch habe aufschiebende Wirkung" Er beantrage "Beitragserstattung", ansonsten erfolge eine "Rückbelastung". Nach Angaben des Steuerberaters habe die Beklagte keinen Anspruch auf Vorlage eines Steuerbescheides. Mit Schreiben vom 11.11.2002 machte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung habe; die mit Bescheid vom 25.9.2002 festgestellten Beiträge seien daher zu entrichten, was ihrem Ehemann bereits telefonisch mitgeteilt worden sei.

Mit Bescheid vom 30.12.2002 setzte die Beklagte die Höhe der rückständigen Beiträge auf 595,71 € fest. In einem weiteren Bescheid vom 28.1.2003 (der Klägerin zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 29.1.2003) wurde die rückständige Beitragsschuld für die Zeit vom 1.11.2002 bis zum 31.12.2002 mit 1.179,72 € (Kranken- und Pflegeversicherung) festgestellt. Die Beklagte wies die Klägerin ferner auf § 191 Nr 3 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) hin, wonach die Mitgliedschaft freiwillig Versicherter unter bestimmten Voraussetzungen bei Zahlungsrückstand für zwei Kalendermonate ende. In diesem Bescheid heißt es fettgedruckt auf der Vorderseite: “Ihr Kranken- und Pflegeversicherungsschutz ist gefährdet.„ Außerdem ist festgehalten: “Die Beendigung kann nur vermieden werden, wenn zum Zeitpunkt der “letzten Zahlungsfrist„ der gesamte Beitragsrückstand beglichen worden ist. Anderenfalls endet die Mitgliedschaft bei der ... einschließlich sämtlicher Rechte mit dem Ende der Zahlungsfrist. Beachten Sie bitte, dass ein Kassenwechsel oder eine freiwillige Versicherung nach dem Ende der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr möglich ist, da aufgrund der nicht entrichteten, aber weiterhin geschuldeten Beiträge eine neue Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht hergestellt werden kann, da diese durch § 191 Nr 3 SGB V sofort wieder zu beenden wäre.„ Als “letzte Zahlungsfrist„ wurde der 15.2.2003 angegeben.

Am 29.1.2003 setzte sich der Ehemann der Klägerin mit der Beklagten telefonisch in Verbindung. Ausweislich des aktenkundigen Telefonvermerks beschimpfte er die zuständigen Mitarbeiter der Beklagten. Mit Bescheid vom 17.2.2003 stellte die Beklagte das Ende der Mitgliedschaft der Klägerin zum 15.2.2003 fest und setzte die rückständigen Beiträge für die Zeit vom 1.11.2002 bis zum 15.2.2003 auf 2.139,62 € fest.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch beanstandete die Klägerin, die Beklagte habe von ihrer Befugnis zum Einzug der Beiträge mit Hilfe der von ihr erteilten Einzugsermächtigung keinen Gebrauch gemacht; diesem Schreiben legte sie einen Verrechnungsscheck in Höhe von 942,84 € bei. Mit Schreiben vom 19.3.2003 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, seitens ihres Ehemanns sei bei dem Telefongespräch am 11.11.2002 angekündigt worden, “dass einer Be...

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