Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 07.07.1998; Aktenzeichen S 1 Ar 310/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 7.7.1998 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Gewährung von Überbrückungsgeld sowie eines Zuschusses zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung und Altersversorgung für die Zeit nach dem 14.5.1997 verurteilt wurde.

2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger 4/5 der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Dauer des Anspruchs des Klägers auf Überbrückungsgeld (Übbg).

Der 1954 geborene Kläger, der Diplom-Kaufmann ist, bezog Arbeitslosengeld (Alg) vom 1.1. bis 30.11.1996. Er meldete mit Wirkung ab 16.4.1996 ein Gewerbe (Unternehmensberatung) an und übte diese Tätigkeit zunächst in geringfügigem Umfang (wöchentlich unter 18 Stunden) aus. Am 16.9.1996 beantragte er beim zuständigen Arbeitsamt für die Zeit ab 2.12.1996 die Gewährung von Übbg sowie von Zuschüssen zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung und Altersversorgung für die Dauer von 26 Wochen.

Durch Bescheid vom 19.12.1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger für 13 Wochen vom 2.12.1996 bis 1.3.1997 Übbg in Höhe von 9.897,– DM und einen Zuschuss zur Krankenversicherung und Altersversorgung in Höhe von 3.289,– DM. Sie lehnte eine weitergehende Leistung für die Dauer von insgesamt 26 Wochen ab, weil der Kläger die selbständige Tätigkeit bereits seit 16.4.1996 ausgeübt habe.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, soweit seinem Antrag nicht stattgegeben worden war. Er machte geltend, zu Beginn seiner selbständigen Tätigkeit habe er keine Einkünfte gehabt; der Arbeitsamtsbedienstete Sch. habe ihm im April 1996 eine 26wöchige Übbg-Zahlung zugesagt.

Durch Widerspruchsbescheid vom 16.4.1997 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hieß es: Eine Förderungsdauer von weniger als 26 Wochen komme ua dann in Betracht, wenn der Betroffene schon nach kürzerer Anlaufzeit lebensunterhaltssichernde Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit erziele. Bei der gegebenen Sachlage sei von der Regelförderungsdauer von 26 Wochen abzuweichen. Eine Zusage für die höchstmögliche Förderungsdauer sei dem Kläger nicht gemacht worden.

Im anschließenden Klageverfahren hat die Beklagte ein Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) vom Januar 1997 an die Arbeitsämter vorgelegt, worin Hinweise für die Vergabe der Leistungen nach § 55 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) enthalten sind. Sie hat die Auffassung vertreten, da die selbständige Tätigkeit bereits am 16.4.1996 aufgenommen worden sei, hätte dem Kläger richtigerweise keinerlei Übbg gewährt werden dürfen.

Am 15.5.1997 meldete sich der Kläger beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos und beantragte erneut Alg. Er gab an, der Umfang seiner selbständigen Tätigkeit betrage während seiner Arbeitslosigkeit durchschnittlich wöchentlich 13 Stunden; er erziele aufgrund dieser Tätigkeit ein monatliches Einkommen von 500,– DM; die mit den Einnahmen im Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Steuern betrügen monatlich ebenfalls 500,– DM. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg ab 15.5.1997.

Durch Urteil vom 7.7.1998 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, dem Kläger ab 2.12.1996 für die Dauer von 26 Wochen Übbg sowie Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung und Altersversorgung zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Arbeitsamt habe die Förderung zu Unrecht auf 13 Wochen beschränkt. Mit seiner diesbezüglichen Entscheidung habe es die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten. Indem der Gesetzgeber in § 55 a AFG angeordnet habe, dass Übbg grundsätzlich für die Dauer von 26 Wochen zu leisten sei, sei der Ermessensspielraum der Verwaltung eingeschränkt worden. Zu beachten sei zudem, dass die BA eine kürzere Bezugszeit als 26 Wochen nicht durch eine Anordnung festgelegt habe. Ein Ausnahmefall, welcher eine kürzere Bezugszeit der Leistung als 26 Wochen rechtfertigen könnte, sei nicht gegeben. Das Arbeitsamt habe den Kläger im übrigen, ausgehend von der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung, rechtzeitig darüber aufklären müssen, dass sich die Dauer des Übbg, sobald er mit der selbständigen Tätigkeit in kurzzeitigem Umfang beginne, verkürze. Die Kammer sei befugt, die Beklagte zur Gewährung von Leistungen zu verurteilen, da deren Ermessensspielraum auf Null geschrumpft sei.

Gegen dieses ihr am 4.8.1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 2.9.1998 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung der Beklagten.

Die Beklagte trägt vor: Die Weisungen der BA zu § 55 a AFG schlössen eine weitergehende Leistungsgewährung an den Kläger aus. Da dieser seit 15.5.1997 erneut arbeitslos sei, würde ein Anspruch auf Übbg von 26 Wochen in die Zeit eines Alg-Bezugs hineinreichen. Dies könne nicht rechtens sein.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Speyer vom 7.7.19...

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