Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache. keine entsprechende Anwendung von § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 127 Abs 2 S 2, § 511 Abs 4 ZPO bzw § 172 Abs 3 Nr 1 SGG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde gegen einen die Gewährung von Prozesskostenhilfe in einem Hauptsacheverfahren ablehnenden Beschluss eines Sozialgerichts ist auch dann zulässig, wenn in dem Hauptsacheverfahren der Berufungsstreitwert des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG nicht erreicht wird.

2. Ein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des § 127 Abs 2 S 2 iVm § 511 Abs 4 ZPO im Wege des § 73a Abs 1 S 1 SGG besteht nicht. Auch eine analoge Anwendung der Regelungen des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG auf Beschlüsse über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ist im Rahmen von Hauptsacheverfahren nicht geboten.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Trier vom 12.2.2010 - S 4 AS 519/09 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin (Bf) wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Trier vom 12.2.2010, durch den der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt wurde.

Die 1953 geborene Bf. steht bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) seit Januar 2005 im Bezug von Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie geht zeitweilig einer geringfügigen Beschäftigung in einem Reisebüro nach. Bei der Bf. ist neben Beschwerden auf orthopädischem Gebiet seit den 1980-er Jahren ein Morbus Crohn mit multiplen Fistelbildungen bekannt. Die Bf. hielt sich deswegen in den Jahren 2007 und 2008 mehrfach stationär im Krankenhaus auf. Die Bf. bezieht seit dem 1.11.2008 durch den Rentenversicherungsträger auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung i.H.v. ca. 120,- € pro Monat. Mit einem im Januar 2009 für die Zeit ab dem 8.1.2009 gestellten Fortzahlungsantrag machte die Bf. für den Bewilligungszeitraum bis zum 30.6.2009 neben den bisherigen Leistungen auch die Gewährung von Mehrbedarf für den Erwerb kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II geltend. Die Bf. legte eine Bescheinigung ihrer Ärztin Dr. G vom 23.1.2009 vor, worin diese bis auf weiteres die Erforderlichkeit von Krankenkost bestätigte. Die Bf. wies mit Schreiben vom 3.3.2009 darauf hin, dass sich die Mehrkosten etwa auf 100,- € pro Monat beliefen. Die Bf. reichte eine ausgefüllte Anlage MEB inklusive ärztlicher Stellungnahme vom 2.4.2009, zu den Akten der Bg. Die Gewährung eines Mehrbedarfs lehnte die Bg. mit Bescheid vom 8.4.2009 und mit Widerspruchsbescheid vom 11.5.2009 ab. Die Bf. erhob diesbezüglich Klage beim SG Trier; das Verfahren erhielt das Aktenzeichen S 4 AS 178/09. Im Mai/Juni 2009 beantragte die Bf. die Fortzahlungen der Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 1.7. bis zum 31.12.2009 und teilte mit, aus medizinischen Gründen eine kostenaufwändige Ernährung zu benötigen. Die Bf. verwies auf eine bereits eingereichte Anlage MEB zum Antragsformular. Die Bg. bewilligte der Bf. mit Bescheid vom 16.6.2009 für den oben genannten Bewilligungszeitraum zwar Leistungen nach dem SGB II, berücksichtigte bei der Leistungsberechnung jedoch keinen Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung. Diesbezüglich erhob die Bf. am 22.6.2009 Widerspruch.

Das SG holte in dem Verfahren S 4 AS 178/09 auf Grund des Beweisbeschlusses vom 21.7.2009 bei Dr. W/T ein medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Deutschen Vereins (DV) zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom 1.10.2008 aus medizinischen Gründen eine besondere Ernährung der Klägerin erforderlich sei oder ob Vollkost ausreiche.

In seinem Gutachten vom 19.11.2009, das beim SG am 27.11.2009 einging, teilte Dr. W auf die Beweisfragen u.a. mit, dass derzeit vor dem Hintergrund der Empfehlungen des Deutschen Vereins keine kostenaufwändige Ernährung erforderlich sei. Ebenso wenig bestünden nach dem Rationalisierungsschema des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner allgemein gültige Formeln und Richtlinien für eine gastroenterologische Diät.

Die Bf. lehnte mit Schreiben an die Bg. vom 25.11.2009 eine Ruhendstellung des Widerspruchsverfahrens bis zur Entscheidung im Verfahren vor dem SG ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2009 wies die Bg. den Widerspruch der Bf. gegen den Bescheid vom 16.6.2009 zurück und führte zur Begründung u.a. aus, die Bf. habe für den hier in Rede stehenden Zeitraum keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung beantragt, ebenso wenig sei eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend gemacht worden. Der Antrag auf Gewährung eines medizinisch bedingten Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung sei bereits mit Bescheid vom 8.4.2009 abschlägig beschieden worden. Das Klageverfahren diesbezüglich sei noch anhängig und das Rechtsschu...

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