Entscheidungsstichwort (Thema)

kein Anspruch auf Gewährung von Versorgung nach dem sozialen Entschädigungsrecht wegen der beim Flugtageunglück in Ramstein eingetretenen gesundheitlichen Schäden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gesundheitliche Schäden, die ein Besucher anläßlich des Flugtagunglücks auf dem Flugplatz Ramstein vom 28.8.1988 erlitten hat, sind nicht nach den Bestimmungen des sozialen Entschädigungsrechts zu entschädigen.

2. Für Schäden iS des § 5 Abs 2 Buchst a BVG, die nach dem 31.7.1945 in den westlichen Bundesländern eingetreten sind, richtet sich der Anspruch auf Versorgung nach dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1.12.1955 (BGBl I S 734). Leistungen nach dem BVG kommen für solche Schäden nicht in Betracht.

3. Nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Ereignisse iS des § 5 Abs 1 Buchst e BVG liegen nur dann vor, wenn ein unter kriegseigentümlichen Verhältnissen entstandener Gefahrenbereich seinen kriegseigentümlichen Charakter bis zum Eintritt des schädigenden Ereignisses behalten hat.

4. Eine Gefahr ist nicht mehr kriegseigentümlich, wenn sie sich trotz ihrer historischen Entstehung nicht (mehr) von allgemeinen Gefahren unterscheidet, die auch Friedensverhältnisse mit sich bringen. Der friedensmäßige Betrieb einer Militäreinrichtung kann schon definitionsgemäß nicht einen gegenüber Friedenszeiten gesteigerten Gefahrenbereich hinterlassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versorgung nach dem sozialen Entschädigungsrecht wegen eines Schockschadens, den der Kläger auf Einwirkungen des Flugtagunglücks auf dem Flugplatz R vom 28.08.1988 zurückführt.

Der 1957 geborene Kläger beantragte im Juni 1996 beim Versorgungsamt L Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Folgen des Absturzes mehrerer Kampfflugzeuge anläßlich einer Flugvorführung auf dem NATO-Flugplatz R. Das Versorgungsamt leitete den Antrag an das Amt für Verteidigungslasten weiter. Dieses lehnte mit Schreiben vom 19.07.1996 die Gewährung von Schadensersatz ab und führte aus, nach Ablauf von zwei Jahren seit dem schädigenden Ereignis könnten Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden (Art. 6 Abs. 4 Satz 1 Ausführungsgesetz zum NATO-Truppenstatut, AG-NTS). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand finde bei Versäumen dieser Frist nicht statt.

Mit Bescheid vom 11.12.1996 lehnte das Versorgungsamt L den Antrag des Klägers auf Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz ab, da der Kläger als Zuschauer bei dem Flugtag am 28.08.1988 weder militärischen noch militärähnlichen Dienst im Sinne des BVG verrichtet habe und auch die Verletzungsfolgen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege ständen. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.1997 zurück.

Mit Urteil vom 29.07.1998 hat das Sozialgericht Speyer die dort erhobene Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei der Schädigung anlässlich des Flugtages handele es sich eindeutig um ein Unglück außerhalb des Risikobereichs des BVG, welches die Versorgung der Opfer des Krieges regele. Die Flugkatastrophe von R stehe nicht mehr in Verbindung mit dem 2. Weltkrieg. Schäden, die nach dem 31.07.1945 durch Angehörige und Verkehrsmittel der westlichen Besatzungsmächte verursacht worden seien, seien nach dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden und nicht mehr nach dem BVG zu entschädigen. Auch die Voraussetzungen des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) lägen nicht vor, da der Flugtag in R nicht von der Bundeswehr, sondern von der US-Airforce organisiert worden sei und die verunglückte Flugstaffel aus italienischen Flugzeugen und Luftwaffensoldaten bestanden habe. Im Übrigen schütze das SVG nur die Bundeswehrsoldaten selbst, zu denen der Kläger nicht gehöre. Schließlich könne der Kläger sich nicht auf die Bestimmungen des OEG berufen, da ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff gegen ihn oder andere Personen nicht vorgelegen habe. Es habe sich ganz offensichtlich um eine fahrlässige Verursachung der Flugkatastrophe gehandelt. Auch sei kein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen feststellbar.

Am 30.12.1998 hat der Kläger gegen das ihm am 30.11.1998 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor,

ihm stehe Versorgung nach dem BVG zu, da er durch nachträgliche Auswirkungen kriegerischer Vorgänge geschädigt worden sei. Die Errichtung und Unterhaltung des US-Stützpunktes R stehe im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg bzw. sei Auswirkung des 2. Weltkrieges. Die Flugschau bzw. das Aufeinanderzufliegen von Kampfflugzeugen hinterlasse auch einen kriegseigentümlichen Gefahrenbereich. Ohne die kriegerischen Vorgänge des 2. Weltkrieges wäre es nicht zur Errichtung und Unterhaltung des US-Stützpunktes Ramstein gekommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 29.07.1998 sowie den Bescheid des Versorgungsamtes Landau vom 11.12.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.04.1997 aufzuheben und den Bekla...

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