Entscheidungsstichwort (Thema)

Abhängigkeit der Bewilligung der Regelaltersrente der Landwirte vom Rückbehalt der bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen

 

Orientierungssatz

1. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG setzt der Anspruch auf Regelaltersrente aus der Alterssicherung der Landwirte voraus, dass das landwirtschaftliche Unternehmen i. S. von § 21 ALG abgegeben ist.

2. Nach § 21 Abs. 7 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft auch dann als abgegeben, wenn der Flächenwert des nicht abgegebenen Teils 25 % der von der landwirtschaftlichen Alterskasse nach § 1 Abs. 5 ALG festgelegten Mindestgröße nicht überschreitet; d. h. die noch bewirtschaftete Fläche darf bis zum 31. 12. 2010 nicht größer als 6 ha, ab dem 1. 1. 2011 nicht größer als 10 ha sein.

3. Übersteigt der Rückbehalt die zulässige Fläche, so ist der Anspruch auf die Regelaltersrente ausgeschlossen. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.

4. Der Gesetzgeber durfte bei der Festsetzung der Leistungen und der Bestimmung ihrer Voraussetzungen berücksichtigen, dass die Geldleistungen der Landwirtschaftlichen Alterskasse zu nach wie vor mehr als drei Vierteln aus Bundeszuschüssen finanziert werden und daher im Gegensatz zu den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung weit überwiegend nicht durch Beiträge der Versicherten aufgebracht werden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 7.9.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Regelaltersrente.

Der am 00.00.1938 geborene und seit dem 4.10.1983 mit der am 00.00.1956 geborenen Frau L verheiratete Kläger betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen. Er bewirtschaftet seit dem Jahr 2010 folgende landwirtschaftlichen Nutzflächen:

- 40,86 Hektar vom 1.1.2010 bis zum 14.5.2010,

- 41,51 ha vom 15.5.2010 bis zum 10.9.2010,

- 39,95 ha vom 11.9.2010 bis 14.5.2011,

- 39,44 ha vom 15.5.2011 bis 14.5.2012,

- 39,42 ha vom 15.5.2012 fortlaufend

sowie unverändert seit dem 1.1.2010 1,26 ha forstwirtschaftliche Nutzfläche.

Am 1.2.2010 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente. Dies lehnte diese mit Bescheid vom 23.9.2010 ab, da der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3, 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben habe.

Dagegen legte der Kläger am 19.10.2010 Widerspruch ein. Die Hofabgabeklausel sei verfassungswidrig.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2010 als unbegründet zurück. Eine Hofabgabe habe nicht stattgefunden. Der Kläger bewirtschafte weiterhin 1,26 ha forstwirtschaftliche und 39,30 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Damit überschreite er die festgelegten Mindestgrößen nach § 21 Abs. 7 ALG von 6 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche um ein Vielfaches. Obwohl er im August 2003 die Regelaltersgrenze erreicht habe und auch die beitragsmäßigen Voraussetzungen erfülle, bestehe damit kein Rentenanspruch.

Dagegen hat der Kläger am 18.1.2011 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Eine Abgabe des Betriebes innerhalb der Familie sei nicht möglich, da sich seine drei Töchter noch teilweise in der Schulausbildung und teilweise im Studium befänden. Seine jüngste, 1992 geborene Tochter beabsichtige zwar den Hof zu übernehmen. Das sei aber erst nach Abschluss eines Studiums der Agrarwissenschaften möglich. Eine Hofabgabe an seine Ehefrau komme nicht in Betracht. Er sei seit mehreren Jahrzehnten Zwangsmitglied bei der Beklagten und habe die entsprechenden Beiträge geleistet. Daher sei es nicht nachvollziehbar, dass ihm nun der Anspruch verweigert werde. Er halte die maßgebliche Norm für verfassungswidrig. Sie verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip gemäß Artikel (Art.) 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) und greife in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ein. Mit der Hofabgabe könne keine Steuerung des Agrarsozialversicherungssystems durch die Verbindung mit der Rentengewährung erfolgen. Die Hofabgabeklausel sei nicht mehr zeitgemäß und auch nicht als gerecht anzusehen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.9.2010 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22.12.2010 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihren Ausführungen im Widerspruchsverfahren festgehalten. Dem Kläger sei es möglich, durch Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens an seine Ehefrau gem. § 21 Abs. 9 ALG die Rentenberechtigung zu erlangen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7.9.2012 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Nach Zustellung des Urteils am 15.9.2012 hat der Kläger am 12.10.2012 Berufung eingelegt. In seiner ...

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