Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Mietkaution. Darlehen. Tilgung durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des Regelbedarfs. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 14 AS 31/17 R

 

Orientierungssatz

Die Tilgung eines Mietkautionsdarlehens gemäß § 42a Abs 2 S 1 SGB 2 durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 % des maßgebenden Regelbedarfs ist rechtswidrig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.11.2018; Aktenzeichen B 14 AS 31/17 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts vom 23.01.2015 geändert. Der Bescheid vom 12.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2012 wird aufgehoben, soweit der Beklagte die Aufrechnung erklärt.

Der Beklagte hat die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Aufrechnung mit Ansprüchen des Beklagten aus einem Mietkautionsdarlehen gegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Der am 00.00.1987 geborene Kläger, der zur Zeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht, befand sich bis zum 30.09.2012 in einer stationären Maßnahme der Evangelischen Jugendhilfe N gGmbH. Am 21.08.2012 beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei dem Beklagten. Er legte ein Mietangebot der M Wohnen NRW GmbH über eine 42 qm große Wohnung in der E-straße 00, N, vor. Hierin waren eine Grundmiete iHv 188,80 EUR sowie Betriebskostenvorauszahlungen iHv 69 EUR (gesamt 257,80 EUR) ausgewiesen. Der Beklagte bestätigte gegenüber dem Kläger die Angemessenheit der Unterkunftskosten. Am 05.09.2012 schlossen der Kläger und die M Wohnen den Mietvertrag, der Kläger war verpflichtet, eine Mietkaution iHv 566 EUR zu entrichten. Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass zusätzliche Kosten für Wärmeversorgung iHv 61 EUR monatlich anfallen, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 17.09.2012 für die Zeit ab 01.10.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iHv 692,80 EUR (Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs: 374 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung: 318,80 EUR) monatlich. Am 01.10.2012 bezog der Kläger die Wohnung.

Am 13.09.2012 beantragte der Kläger die Übernahme der Mietkaution als Zuschuss. Mit Bescheid vom 14.09.2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab. § 22 Abs. 6 SGB II sehe nur eine Übernahme der Mietkaution als Darlehen vor. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 27.09.2012 zurück. Eine Mietkaution solle gem. § 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II als Darlehen erbracht werden. Die Vorschrift räume der Behörde bezüglich der Gewährung als Darlehen oder Beihilfe keinen Ermessensspielraum ein. Eine Gewährung als Beihilfe sei daher nicht möglich. Am 28.09.2012 erhob der Kläger bei dem Sozialgericht Dortmund Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu Bewilligung der Kaution als Zuschuss zu verurteilen. Mit Urteil vom 23.01.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Mit rechtskräftigem Urteil vom 25.08.2016 - L 7 AS 432/15 hat der Senat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 21.09.2012 erklärte der Kläger, hilfsweise mit der Bewilligung der Leistung für die Mietkaution als Darlehen einverstanden zu sein. Bei einer persönlichen Vorsprache am 12.10.2012 erklärte er sich schriftlich mit einer Aufrechnung iHv 10% der "geltenden Regelleistung" einverstanden. Gleichzeitig ließ der Beklagte sich zur Sicherung der Rückzahlung des Darlehens alle Ansprüche des Klägers gegen Dritte abtreten.

Mit Bescheid vom 12.10.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger "im Hinblick auf die Ihnen erteilte Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung und die Zusicherung für die Übernahme einer Mietkaution" ein Darlehen iHv 566 EUR. Weiter wird in dem Bescheid ausgeführt: "Sie haben sich mit Erklärung vom 12.10.2012 mit der Aufrechnung Ihrer Leistungsansprüche mit der gegen Sie bestehenden Forderung aus dem Darlehensvertrag einverstanden erklärt. Die Aufrechnung erfolgt ab 1. November 2012 in monatlichen Raten von 10% der maßgeblichen Regelleistung (aktuell 37,40 Euro)."

Am 19.10.2012 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 12.10.2012 Widerspruch ein. Er wandte sich nochmals gegen die darlehensweise Bewilligung "und die damit verbundene Aufrechnung".

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2012 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.10.2012 zurück. Er begründete die Bewilligung der Mietkaution als Darlehen und führte zudem aus: "Die Aufrechnung des Darlehensrückzahlungsanspruchs mit 37,40 monatlich ab dem 01.11.2012 entspricht § 42a SGB II. Der Widerspruchsführer hat zZt einen monatlichen Anspruch auf Regelleistungen iHv 374, 00. Zehn Prozent hiervon entsprechen 37,40."

Der Beklagte zahlte die Kaution am 29.10.2012 an den Kläger aus.

Am 31.10.2012 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Dortmund erhoben. Nachdem er zunächst moniert hatte, die Regelsätze seien verfassungswidrig, hat er zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 23.01.2015 beantragt,

den Bescheid des Beklagt...

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