Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung von Kindergeld und Erziehungshonorar. Pflegekinder. Bedarfsgemeinschaft. wirtschaftliche Gesamtsituation. Unterhaltsbedarf. Sachkostenzuschuss. ein den Bedarf nach SGB 2 erheblich übersteigendes Einkommen. keine Leistungen nach SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Kindergeld und Erziehungshonorar sind als Einnahme in Geld Einkommen iS des § 11 Abs 1 S 1 SGB 2.

2. Pflegekinder gehören nicht zur Bedarfsgemeinschaft.

3. Zur Beurteilung der wirtschaftlichen Gesamtsituation einer Familie mit Pflegekindern.

4. Der Unterhaltsbedarf für Pflegekinder wird regelmäßig durch die gewährten Sachkostenzuschüsse gedeckt.

5. Verfügen Eltern über ein den Bedarf nach dem SGB 2 erheblich übersteigendes Einkommen, ist ihre wirtschaftliche Situation so entscheidend besser als die typische Lebenssituation einer Bedarfsgemeinschaft von nach dem SGB 2 hilfebedürftigen Personen, dass iS von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst b SGB 2 Leistungen nach dem SGB 2 nicht gerechtfertigt sind.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.07.2009; Aktenzeichen B 4 AS 9/09 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.03.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob den Klägern für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen. Insbesondere ist streitig, ob an die Klägerin zu 2) gezahltes sog. "Erziehungshonorar" als anspruchsschädliches Einkommen zu berücksichtigen ist.

Der 1947 geborene Kläger zu 1) und die 1951 geborene Klägerin zu 2 sind Eheleute. Sie lebten im streitigen Zeitraum mit dem am 00.00.1986 geborenen Sohn N X der Klägerin zu 2) sowie mit den Pflegesöhnen B M (geb. 00.00.1987) und Q E (geb. 00.00.1992) in einem Haushalt. Der Kläger zu 1) war nach seinen Angaben in der Vergangenheit als Heimerzieher tätig, die Klägerin zu 2) ist nach seinen Angaben ausgebildete Erzieherin. Beide Kläger waren im streitigen Zeitraum erwerbsfähig. Der Kläger zu 1) verfügte über kein Einkommen. Die Klägerin zu 2) schloss unter dem 31.12.1999 für die Zeit ab 01.01.2000 einen "Erziehungsvertrag" mit dem Kinderhaus- und Familienpädagogik e.V. Kifa, C (Kifa e.V.). Aufgrund dessen erhielt sie monatlich einen Betrag von pro Pflegekind 1.204,01 (Summe: 2408,02 EUR). Daneben wurde ein monatlicher Sachkostenzuschuss je Pflegesohn von 692,28 EUR (Summe: 1.384,56 EUR) gezahlt. Nach Ziff. 1 ihres Vertrages wurde die Klägerin zu 2) "selbständig und eigenverantwortlich als Erzieherin selbständig tätig." Sie selbst sei verantwortlich für ihre soziale Sicherung und die Erfüllung der steuerlichen Pflichten. Nach Ziff. 5 des Vertrages erhielt die "selbständige Erzieherin" ein "Erziehungshonorar" für die Tätigkeit in Höhe eines in einer Anlage frei für den Einzelfall vereinbarten Betrages. Es orientiere sich an den Kalkulationen der selbständigen Erzieherin "für den jeweiligen Betrieb, bzw. am Alter und Schwierigkeitsgrad des zu erziehenden Kindes." Nach Ziff. 6 des Vertrages konnten "neben dem Honorar Sachkostenzahlungen (aus öffentlichen Kassen) in Betracht kommen, falls das Kind darauf Rechtsanspruch hat"; die selbständige Erzieherin verwalte "diese Geldbeträge eigenverantwortlich und treuhänderisch für das Kind". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen. Im streitigen Zeitraum bezog die Klägerin zu 2 für ihren Sohn N X monatliches Kindergeld von 154,00 EUR.

Am 05.10.2004 beantragte der Kläger zu 1) für die beiden Kläger die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er gab an, die Kläger bewohnten ein eigenes Haus mit einer Wohnfläche von 100 m². Der Verkehrswert betrage 100.000,00 EUR, die Belastungen 90.000,00 EUR (nach dem Jahreskontoauszug für 2005 betrug die Darlehensbelastung am 01.01.2005 89.750,62 EUR). Freibetragsüberschreitendes Vermögen bestand bei beiden Klägern nicht. Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2008 vor dem Senat im Wege des Teilvergleichs darauf verständigt, dass der Bedarf der beiden Kläger nach dem SGB II für Regelleistungen und Kosten der Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum monatlich insgesamt 960,00 EUR betrug.

Mit Bescheid vom 12.01.2005 lehnte die Agentur für Arbeit F die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab. Angesichts der Einkommensverhältnisse bestehe keine Hilfebedürftigkeit. Da der Sohn der Klägerin zu 2, N X, das 18. Lebensjahr vollendet habe, zähle er nicht zur Bedarfsgemeinschaft; er könne einen eigenen Antrag stellen. Im Berechnungsbogen als Anlage zu dem Bescheid wurde ein Gesamtbedarf der aus den beiden Klägern bestehenden Bedarfsgemeinschaft von 960,30 EUR zugrundegelegt (2 x 311,00 EUR Regelleistung, 2 x 169,15 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Als Einkommen der Klägerin zu 2) wurde ein Betrag von 2.532,02 EUR (Kindergeld i.H.v. 124,00 EUR zzgl. "so...

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