Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Verfügt ein GmbH-Geschäftsführer, der am Stammkapital der GmbH beteiligt ist, über keine Sperrminorität, ist er damit an Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden, hat er seine volle Arbeitskraft in den Dienst der GmbH zu stellen, hat er während der Dauer seiner Tätigkeit für die GmbH sowie für zwei weitere Jahre danach ein Nebentätigkeitsverbot, erhält er eine fest vereinbarte monatliche Vergütung einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, ist er in den Betrieb des Unternehmens eingegliedert und hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.04.2019; Aktenzeichen B 12 R 59/18 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.06.2017 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 24.10.2018 wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu ¼, im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 13.4.2015 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

Die Beigeladene zu 2) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 21.10.1997 und am 16.12.1997 erfolgter Eintragung in das Handelsregister (zunächst Amtsgericht [AG] W, HRB 000; nunmehr AG N HRB 001) mit dem Unternehmensgegenstand Metallbau, Schlossereibetrieb sowie Haus- und Industrieinstandhaltungen gegründet. Als einzelvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreite Geschäftsführer wurden der Kläger sowie Herr X T bestellt. Im Rahmen des Gesellschaftsvertrages vom 21.10.1997 (GesV) wurde u.a. folgendes vereinbart:

"[ ...] § 4 Stammkapital, Stammeinlagen

1. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt DM 100.000,00.

2. Auf dieses Stammkapital übernehmen

a) Herr N, Metallbaumeister in W, eine Stammeinlage im Nennwert von DM 25.000,00,

b) Herr X T, Maschinenschlosser in W, eine Stammeinlage im Nennbetrag von DM 25.000,00,

c) Herr G, Kaufmann in W, eine Stammeinlage im Nennbetrag von DM 25.000,00,

d) Herr T1, Kaufmann in L, eine Stammeinlage im Nennbetrag von DM 25.000,00.

3. [ ...] ...

§ 5 Geschäftsführung, Vertretung

1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, vertritt dieser die Gesellschaft alleine. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.

2. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann einzelnen oder allen von ihnen die Befugnis erteilt werden, die Gesellschaft allein zu vertreten.

3. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann ferner ein jeder der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden.

4. Die Gesellschafter können für die Geschäftsführung eine Geschäftsordnung beschließen. Darin kann insbesondere bestimmt werden, für welche Geschäfte die Geschäftsführung der vorherigen Zustimmung der Gesellschaft bedarf.

§ 6 Gesellschafterversammlung [ ...]

§ 7 Gesellschafterbeschlüsse

1. Die Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder dieser Vertrag eine andere Mehrheit vorschreibt.

2. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je DM 100,00 eines Geschäftsanteiles gewähren eine Stimme.

3. [ ...]"

Auf den Inhalt des GesV im Übrigen wird Bezug genommen. Der GesV wurde im Streitzeitraum zweimal geändert. Im Rahmen der ersten Änderung vom 15.11.2001 wurden maßgeblich die §§ 4, 7 des GesV neu gefasst. Das Stammkapital betrug sodann 100.000,00 Euro. Je 50,00 Euro gewährten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 GesV eine Stimme.

Am 15.12.1997 schlossen die Beigeladene zu 2) und der Kläger einen sog. Anstellungsvertrag (AV), in dem es u.a. wie folgt heißt und auf den im Übrigen Bezug genommen wird:

"§ 1 Aufgabenbereich

1. Herr N mit Wirkung zum 1.1.1998 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt.

2. ...

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