Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarzt. Zulassungsbeschränkung. Überversorgung. Verfassungsmäßigkeit. Feststellung. qualitätsbezogener Sonderbedarf. Beurteilungsspielraum. Zulassungsgremien

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zulassungsbeschränkungen aufgrund einer Bedarfsplanung mit Sperrung überversorgter Gebiete sind verfassungsgemäß.

2. Bei der Feststellung von qualitätsbezogenem Sonderbedarf steht den Zulassungsgremien ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (Nrn 24 und 25 Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.12.1997; Aktenzeichen 7 RAr 24/96)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zu 1) als Vertragsarzt zuzulassen ist und ob die Führung einer Gemeinschaftspraxis der Kläger zu 1) und 2) zu genehmigen ist.

Der am .1938 geborene Kläger zu 1) war von 1974 bis 1984 zunächst als praktischer Arzt, dann als Arzt für innere Medizin in K zur kassenärztlichen Versorgung zugelassen. Nach Abgabe der Praxis an einen anderen Arzt ist er als beamteter Arzt bei der Bundeswehr tätig. Im Falle einer Zulassung als Vertragsarzt will er das Dienstverhältnis aufgeben. Seit August 1985 betreibt er auch eine Privatpraxis in K Nach seinen Angaben behandelte er von 1983 bis 1992 25 bis 30 Patienten mit Immundefekten, insbesondere HIV- und Aids-infizierte Patienten, in seiner Praxis kostenlos, teilweise leitete er sie an die K Universitätsklinik weiter, weil nur dort kostenaufwendige Arzneimittel verordnet werden konnten.

Der am .1951 geborene Kläger zu 2) ist als Arzt für innere Medizin in A niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er behandelt schwerpunktmäßig HIV- und Aids-infizierte Patienten.

Der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen für den Bereich der Beigeladenen zu 5) stellte in der Sitzung vom 22.07.1992 für die Stadt A für Internisten Überversorgung fest und ordnete Zulassungsbeschränkungen an.

Der Kläger zu 1) beantragte am 29.01.1993 die Zulassung als Vertragsarzt zum 01.04.1993 in A, , beide Kläger beantragten die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis.

Mit Beschluß vom 15.03.1993 lehnte der Zulassungsausschuß für Ärzte A den Zulassungsantrag wegen der Zulassungsbeschränkungen ab. Mit Beschluß vom gleichen Tage lehnte er die Genehmigung zur Führung einer Gemeinschaftspraxis ab, weil dem Kläger zu 1) die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit nicht erteilt werden konnte.

Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung machten sie geltend, die Versorgung der HIV-infizierten Patienten in der Region A werde bisher im wesentlichen durch den Kläger zu 2) wahrgenommen. Der Kläger zu 1) habe die Absicht, gestützt auf seine Kenntnisse und Erfahrungen aufgrund bisheriger Forschungstätigkeit, ebenfalls schwerpunktmäßig HIV-infizierte Patienten zu behandeln. Das Praxiszentrum stelle die einzige Fachinstitution zur Betreuung HIV-Kranker im Großraum A dar. Aufgrund der Besonderheiten der Praxisstruktur werde die Gemeinschaftspraxis keinen wesentlichen Anteil an der allgemeininternistischen Versorgung der Patienten in A haben. Der Beigeladene zu 1) vertrat die Auffassung, es sei zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung des Klägers zu 1) nach Nr. 24 a und c der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte vom 09.03.1993 vorlägen. Dazu seien allerdings vom Zulassungsausschuß keine Feststellungen getroffen worden.

Mit Beschluß vom 04.10.1993 wies der Beklagte die Widersprüche der Kläger gegen die Beschlüsse des Zulassungsausschusses zurück. Der Kläger zu 1) könne wegen der Zulassungssperre für Internisten im Stadtbereich A. nicht zugelassen werden. Die Voraussetzungen nach Nr. 24 c der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte vom 09.03.1993 lägen nicht vor, weil er bisher keine speziellen ärztlichen Tätigkeiten in Verbindung mit der Betreuung von HIV-/Aids-Patienten ausgeübt habe. Aufgrund dessen könne nicht davon ausgegangen werden, daß er befähigt sei, in einem das übliche Maß überschreitenden Umfang spezielle ärztliche Tätigkeiten in diesem Bereich auszuüben.

Hiergegen haben die Kläger rechtzeitig Klage erhoben. Sie machen geltend, da der Kläger zu 1) seinen Zulassungsantrag am 29.01.1993 gestellt habe, sei diesem Antrag gemäß Art. 33 § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz - GSG -, Bundesgesetzblatt 1992, 2266) ohne Berücksichtigung der Zulassungsbeschränkungen stattzugeben.

Dies müsse auch für solche Zulassungsbeschränkungen gelten, die bereits vor dem 01.01.1993 bestanden. Das bis zum 31.12.1992 geltende Recht hätte nämlich dem Zulassungsantrag des Klägers zu 1) nicht entgegengestanden, weil nach § 16 c der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) alter Fassung und § 104 Abs. 2 Nr. 2 SGB V alter Fassung ein Arzt zuzulassen war, der die kassenärztliche Tätigkeit in Gemeinschaftspraxis mit einem bereits zugelassenen Kassenarzt ausüben wollte. Art. 33 § 3 Abs. 1 GSG sei so zu verstehen, daß die bis zum 31.01.1993 gestellten Zulas...

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