Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittelerbringer. Durchsetzung des Zuzahlungsbetrages gegenüber Versichertem

 

Orientierungssatz

Die in § 33 Abs 2 S 3 Halbs 2 SGB 5 idF vom 23.6.1997 festgeschriebene Verringerung des Vergütungsanspruchs des Leistungserbringers gegenüber einer Krankenkasse hat zur Folge, dass in Höhe des Zuzahlungsbetrages Vergütungsansprüche gegenüber einer Krankenkasse nicht mehr bestehen. Damit hat der Gesetzgeber den Zahlungsweg ausdrücklich abweichend vom § 43b S 2 SGB 5 idF vom 21.12.1992 geregelt, dh die Leistungserbringer müssen ihren Zahlungsanspruch vollständig gegen den Versicherten durchsetzen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.12.2006; Aktenzeichen B 3 KR 29/05 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 479,43 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Inkassorisiko bei der gesetzlichen Krankenkasse oder bei dem Leistungserbringer liegt, wenn ein gesetzlich Versicherter - der Rechtsstreit ist im Berufungsverfahren auf die Zahlungsbegehren betreffend die Versicherten C und K beschränkt worden -, der mit Bandagen, Einlagen oder Hilfsmitteln zur Kompressionstherapie versorgt worden ist, die ihm obliegende Zuzahlung an den Leistungserbringer jedoch nicht geleistet hat.

Die Klägerin betreibt ein Sanitätshaus; sie ist eine nach § 126 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassene Leistungserbringerin, die auch für Versicherte der Beklagten Leistungen erbringt. Unter anderem lieferte die Klägerin auf Grund einer ärztlichen Verordnung vom 08.03.2000 ein Paar Kompressionsstrümpfe an die Versicherte F C sowie einen ebenfalls ärztlich verordneten Gilchristverband (Verordnung vom 11.09.2000) an den Versicherten Dirk K. Der jeweilige Zuzahlungsbetrag lag - rechnerisch richtig - bei 12,47 Euro bzw. 21,01 Euro. Die Versicherten C und K erhielten entsprechende Rechnungen von der Klägerin. Nach erfolglos gebliebener Mahnung machte die Klägerin die offenen Beträge am 04.07.2001 gegenüber der Beklagten geltend. Maßgeblich sei § 43b S. 2 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung (a. F., eingefügt zum 01.01.1993 durch Art. 1 Nr. 26 des Gesundheitsstrukturgesetzes -GSG- v. 21.12.1992, BGBl I 2266; allerdings wurde die Vorschrift durch Art. 1 Nr. 34 lit. b des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GMG - vom 14.11.2003, BGBl I 2190, mit Wirkung vom 1.1.2004 um einen Abs. 2 ergänzt, die bisherigen - im Wortlaut unveränderten - S. 1 und S. 2 der Norm wurden einem neu gebildeten Abs. 1 zugeordnet). Danach habe die Krankenkasse die Zahlung einzuziehen, wenn der Versicherte trotz einer gesonderten schriftlichen Aufforderung durch den Leistungserbringer nicht zahlt. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 10.07.2001 eine Übernahme der Zuzahlungsbeträge mit der Begründung ab, es obliege allein der Klägerin, die Forderungen von den Versicherten einzuziehen. § 43b S. 2 SGB V a. F. beziehe sich nicht auf Fälle, in denen Bandagen, Einlagen oder Hilfsmitteln zur Kompressionstherapie geliefert worden seien, wie es bei den Versicherten C und K erfolgt sei. § 33 Abs. 2 S. 3 2. Halbsatz -HS- SGB V a. F. (eingefügt durch Art. 1 Nr. 10 des in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung - 2. GKV-NOG - vom 23.06.1997, BGBl I 1520), wonach sich der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers um "diesen Betrag", die Zuzahlung des Versicherten, verringere, stelle eine Ausnahmevorschrift im Verhältnis zu § 43b S. 2 SGB V a. F. dar.

Nachdem die Beklagte auch nach dem Schreiben der Klägerin vom 27.11.2003, mit dem diese eine Frist für den Zahlungseingang bis zum 10.12.2003 gesetzt hatte, bei ihrer Auffassung verblieben war, hat die Klägerin am 23.12.2003 Klage zum Sozialgericht Duisburg erhoben. Sie hat zur Begründung vorgetragen, ihr Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten ergebe sich aus § 43b S. 2 SGB V a. F.: Mit Ausnahme der Praxisgebühr treffe nicht den Leistungserbringer, sondern die Krankenkasse das Inkassorisiko, wenn Versicherte die Zuzahlung nicht leisteten. § 43b S. 2 SGB V a. F. sei auch im gesamten Hilfsmittelbereich anwendbar. Dies ergebe sich aus folgenden Überlegungen: Versicherte erhielten die Leistungen gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB V in der Regel als Sach- bzw. Dienstleistung von der gesetzlichen Krankenkasse. Über die Erbringung von Sach- und Dienstleistungen hätten die Krankenkassen Verträge mit Leistungserbringern abzuschließen. Nach § 33 Abs. 1 SGB V hätten gesetzlich Krankenversicherte im Rahmen der Sachleistung u. a. Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln. Der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers richte sich damit ausschließlich gegen die gesetzliche Krankenkasse. Vergütungsansprüche des Leistungserbringers gegen den Versicherten seien systemwi...

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