nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Detmold (Entscheidung vom 11.07.2002; Aktenzeichen S 17 P 55/00)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.05.2004; Aktenzeichen B 3 P 5/03 R)

BSG (Aktenzeichen B 3 P 9/03 B)

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 11. Juli 2002 wird geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 17. November 1999 und 27. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2000 verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin einen Zuschuss für den Einbau eines hydraulischen Personenaufzugs gewähren muss.

Die im ... 1923 geborene Klägerin leidet an einer erheblichen Gehbehinderung bei Morbus Parkinson, einer (zurückgebildeten) Halbseitenlähmung links mit Funktionsausfall der linken Hand bei Zustand nach Schlaganfall, einer Harninkontinenz sowie an Depressionen und einer Halluzinose. Gemeinsam mit ihrem Ehemann bewohnt sie eine 120 qm große Wohnung im 1. Stock eines Zweifamilienhauses. Die Wohnung, die ursprünglich nur über eine gewendelte Treppe mit 18 Stufen erreichbar war, verfügt seit 1999 über einen 4-Personen-Fahrstuhl.

Seit dem 22. August 1998 erhält die Klägerin Leistungen der Pflegestufe II (Bescheid vom 18. August 1998). In seinem Erstgutachten vom 08. Juli 1998 zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit hielt der MDK-Arzt Dr. D ... fest, dass sich die Klägerin unter Aufsicht im Gehwagen auf kurzen Strecken fortbewegen könne. Aufgrund des sehr unsicheren Gangbildes müsse die Klägerin beim Gehen 10 Minuten täglich unterstützt werden. In ihrem MDK-Folge gutachten vom 22. Februar 1999 beschrieb die Pflegefachkraft B ..., dass die Klägerin im Rollstuhl geschoben werden müsse.

Beide Gutachter hielten keine technischen Hilfen oder baulichen Maßnahmen zur Anpassung des Wohnumfeldes für erforderlich. Auch die Caritaspflegestation in B ... empfahl nach ihrem (halbjährlichen) Pflegeeinsatz am 02. Juli 1999 keine Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes.

Am 08. November 1999 übersandte die Klägerin der Beklagten Kostenvoranschläge der Fa. T ... Aufzüge GmbH & Co. KG vom 21. August 1997 sowie der Fa. L ... Fördertechnik GmbH aus W ... vom 08. September 1997 über die Montage eines hydraulischen Personenaufzugs.

Mit Bescheiden vom 17. November 1999 und 27. Dezember 1999 lehnte die Beklagte eine Kostenbeteiligung ab, weil der MDK die Umbau maßnahme nicht befürwortet habe und Personenaufzüge weder im Hilfsmittelkatalog der Pflegeversicherung noch der gesetzlichen Krankenversicherung aufgeführt seien.

Gegen diese Entscheidungen erhob die Klägerin am 09. Dezember 1999 und 11. Januar 2000 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass der Fahrstuhl ihren Bewegungshorizont auf mehr als das Schlaf- und Wohnzimmer erweitere, was sich auf ihr depressives Stimmungsfeld positiv auswirke. Seit dem Einbau des Aufzuges sei sie wieder in der Lage, das Haus selbständig und ohne Sturzgefahr zu verlassen. Der Fahrstuhl gewährleiste ihr einen sozialen Umgang, steigere die Lebensqualität und eröffne ihr z.B. die Möglichkeit, Bekannte zu besuchen und Bekleidung einzukaufen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2000 wies die Beklagte den Widerspruch ohne Ermessenserwägungen zurück: Durch den Einbau des Personenaufzuges sei eine Erleichterung der Selbständigkeit nicht feststellbar, weil die Klägerin beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung ohnehin auf eine Begleitperson angewiesen sei. Sämtliche Behördengänge erledige ihr Sohn; die ärztliche Versorgung erfolge durch Hausbesuche.

Dagegen hat die Klägerin am 11. Mai 2000 Klage vor dem Sozialgericht Detmold (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, dass die Zuschusszahlung nicht abgelehnt werden dürfte, weil Aufzüge "in irgendwelchen Katalogen" nicht erwähnt würden. Außerdem müsse sie einmal wöchentlich Facharztpraxen aufsuchen und hierfür ihre Wohnung verlassen. Zudem habe ihr der Hausarzt dringend angeraten, täglich außer Haus spazieren zu gehen (Attest der Allgemeinmediziner Drs. F ... aus F ... vom 29. März 2001). Der Einbau eines Aufzuges lasse sich genauso rechtfertigen wie die Montage eines Treppenlifts.

Die Beklagte ließ die Klägerin während des Klageverfahrens durch die MDK-Ärztin K ... erneut untersuchen. Diese gab in ihrem Gutachten vom 29. Mai 2001 an, dass die Klägerin in ihrer Wohnung unter Führung kurze Strecken laufen könne. Bei gutem Wetter gehe sie draußen unter Aufsicht (ca. 15 bis 20 Minuten) am Rollator spazieren. Eine Fortbewegung in der Wohnung sei mit dem Rollstuhl möglich. Das tägliche Verlassen des Hauses mit Hilfe des Aufzugs zum Spaziergang diene der besseren Lebensqualität. Als Pflege hilfsmittel sei der Aufzug nicht anzusehen.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2002 hat das SG die Klage abgewiesen: Ob eine Maßnahme erforderlich sei, um...

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