Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Einkommen des unverheirateten Lebensgefährten bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld 2

 

Orientierungssatz

1. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört insbesondere die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt. Dazu ist das Bestehen einer über die reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus gehende Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft erforderlich.

2. Die Berücksichtigung von Einkommen des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft verstößt weder gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Streitig ist die Berücksichtigung des Einkommens ihres Lebensgefährten.

Die am 00.00.1965 geborene Klägerin lebt mit ihren Kindern F, geb. 00.00.1992, und J, geboren am 00.00.1994, sowie ihrem Lebensgefährten D T, geb. am 00.00.1965, zusammen in einer 120 m² großen Wohnung. Der Lebensgefährte ist nicht Vater der Kinder der Klägerin. Er ist seinerseits unterhaltspflichtig für seine Kinder K und M T und zahlt ausweislich von ihm überreichter Kontoauszüge 249,- Euro Unterhalt pro Kind und Monat. Die Unterhaltsansprüche sind nicht tituliert.

Der leibliche Vater der Kinder der Klägerin zahlt Unterhalt in Höhe von monatlich 349,- Euro für F und 285,- Euro für J. Darüber hinaus erhält die Klägerin Kindergeld von jeweils 154,- Euro monatlich für ihre Kinder.

Die Klägerin beantragte am 30.09.2004 bei der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Sie gab an, mit Herrn D T seit August 2001 in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben. Laut Lohn-Gehaltsabrechnung von September 2004 verfügt der Lebensgefährte der Klägerin über ein provisionsabhängiges (Netto-) Monatsgehalt, welches im September 2004 2184,78 Euro und unter Berücksichtigung einer Urlaubsgeldzahlung von 500 EUR im Oktober 2004 2413,00 EUR betrug. Der monatliche Nettoverdienst belief sich den Angaben der Klägerin zufolge im Jahr 2004 auf 2238,64 EUR und im Jahr 2005 auf 2.122,66 EUR.

Auf Anforderung durch die Beklagte überreiche die Klägerin zudem eine Mietbescheinigung der LEG Gesellschaft für Vertrieb und Mieterprivatisierung mbH, in der als Mieter aufgeführt sind "D und Q M".

Mit Bescheid vom 08.12.2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin ab. In der dem Bescheid beigefügten Berechnung wird ein Einkommen des D T in Höhe von 1.947,67 Euro nach Absetzung eines Freibetrages berücksichtigt.

Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass, sofern Einkommen des Lebensgefährten in die Berechnung mit einfließe, auch dessen Belastungen zu berücksichtigen seien, insbesondere die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen beiden Kindern. Darüber hinaus könne sie nicht nachvollziehen, warum das Kindergeld für ihre minderjährigen Kinder als "Einkommen" mit in die Berechnung "ihrer" Bedürftigkeit einfließe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Selbst unter Berücksichtigung der nicht titulierten Unterhaltsverpflichtungen ihres Lebensgefährten ergebe sich ein Einkommensüberhang. Zudem sei Kindergeld, das den Bedarf übersteige, als Einkommen des Kindergeldberechtigten zu berücksichtigen.

Mit ihrer am 01.04.2005 beim Sozialgericht Detmold eingelegten Klage hat die Klägerin an ihrem Leistungsbegehren festgehalten. Die Anrechnung von Einkommen des Lebensgefährten sei verfassungswidrig. Es stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar, wenn gleichgeschlechtliche Partnerschaften von der Anrechnung ausgenommen würden.

Insbesondere aber verstoße die Berücksichtigung von Einkommen eines in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partners gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.

Der Lebenspartner werde durch die Verweigerung von Lebensunterhalt durch die Beklagte praktisch gezwungen, Unterhaltsleistungen für die Klägerin und ihre minderjährigen Kinder zu erbringen. Hierzu bestehe jedoch nicht die geringste rechtliche Verpflichtung. Allenfalls könne eine Verpflichtung angenommen werden, sich anteilig an den Kosten der Unterkunft zu beteiligen. Es sei absurd anzunehmen, dass eine Lebenspartnerschaft, d.h. ein Zusammenleben etwa zwischen Mann und Frau zwingend und ohne weiteres zum Inhalt haben müsse, dass sich die beiden Partner wirtschaftlich unterstützten. Es gebe hervorragend funktionierende Partnerschaften, in denen die finanziellen Verhältnisse strikt voneinander getrennt seien. Wäre die Rechtsauffassung der Beklagten zutreffend, führte dies zum gesetzlich...

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