Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. keine Absetzung von Unterhaltszahlungen des Leistungsberechtigten an sein Kind und an seine Mutter bei fehlenden Unterhaltstiteln. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. § 11 Abs 2 S 1 Nr 7 SGB 2 aF, wonach Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten (nur) bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag vom Einkommen abzusetzen sind, verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

2. Eine gegenüber dem Ausländeramt abgegebene Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG 2004 stellt weder selbst einen Unterhaltstitel dar noch ist sie einem solchen gleichzustellen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.02.2017; Aktenzeichen B 14 AS 22/16 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.03.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen eine endgültige Festsetzung und eine Erstattungsforderung des Beklagten für die Zeit vom 01.02.2010 bis zum 31.07.2010 in Höhe von jeweils 2.368,08 EUR.

Der 1970 geborene Kläger zu 2) ist selbstständig tätig und betreibt seit dem 01.02.2009 eine Detektei und einen Hausmeisterservice. Er lebt mit seiner 1978 geborenen Ehefrau, der Klägerin zu 1), in einer Bedarfsgemeinschaft. Mit Bescheid vom 19.02.2010 bewilligte der Beklagte ihnen für die Zeit vom 01.02.2010 bis zum 31.07.2010 vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von monatlich je 553,18 EUR (323,- EUR Regelleistung und 230,18 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung). Dabei legte er ein in dieser Höhe anrechnungsfreies Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit des Klägers von 69,67 EUR zugrunde. Der Beklagte führte aus, eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch sei erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des Klägers aus seiner selbstständigen Tätigkeit im Bewilligungszeitraum feststünden. Im März 2010 wurden aufgrund einer Heizkostennachforderung weitere 4,80 EUR bewilligt (Bescheid vom 01.03.2010).

Im Oktober 2010 machte der Kläger abschließende Angaben zum Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit in der Zeit von Januar bis Juli 2010. Nach seinen Angaben lagen die Betriebseinnahmen in der Zeit vom 01.02.2010 bis zum 31.07.2010 bei 46.486,53 EUR, die Betriebsausgaben bei 40.157,42 EUR.

Mit Bescheid vom 13.01.2012 setzte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.02.2010 bis zum 31.07.2010 endgültig fest. Der Bescheid war an die Klägerin gerichtet, die auch den Antrag für die Bedarfsgemeinschaft gestellt hatte. Unter Anrechnung eines berücksichtigungsfähigen monatlichen Einkommens in Höhe von 789,36 EUR (monatliches Durchschnittseinkommen in Höhe von 1.054,85 EUR abzüglich der Freibeträge in Höhe von 265,49 EUR) bewilligte der Beklagte den Klägern Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 158,50 EUR monatlich für die Monate Februar und April bis Juli 2010 sowie für den März jeweils 160,90 EUR.

Mit weiteren Bescheiden vom 13.01.2012 forderte der Beklagte von den Klägern nach endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs für die Zeit vom 01.02.2010 bis zum 31.07.2010 Regelleistungen in Höhe von 1.938,- EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 430,08 EUR, mithin insgesamt von jedem der beiden Kläger 2.368,08 EUR zurück.

Gegen den an ihn gerichteten Erstattungsbescheid legte der Kläger - vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte - mit Schreiben vom 24.01.2012 Widerspruch ein. Die durch dieselbe Bevollmächtigte vertretene Klägerin hingegen legte am selben Tag sowohl gegen den an sie gerichteten Erstattungsbescheid als auch gegen den Bescheid vom 13.01.2012 über die endgültige Festsetzung der Leistungen für die Zeit von Februar bis Juli 2010 Widerspruch ein. In den Widersprüchen wurde der Regelungsgegenstand des jeweils angefochtenen Bescheides angegeben, so wie er im Betreff der Bescheide des Beklagten im Einzelnen aufgeführt war (Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruchs; Änderung zum Bescheid vom 19.02.2010 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes). In dem letztgenannten Widerspruchsschreiben führte die Bevollmächtigte aus, sie zeige die Interessenvertretung der Klägerin, vertreten durch ihren Sohn N T, an. Auf Hinweis des Beklagten korrigierte sie diesen Fehler aber noch im Widerspruchsverfahren.

Mit Schreiben vom 11.04.2012 führte die Bevollmächtigte der Kläger zur Begründung der Widersprüche aus, es sei unklar, wie der Beklagte den Gewinn in Höhe von 6.329,11 EUR berechnet habe. Darüber hinaus habe der Beklagte vor Erlass und Bekanntgabe des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides zehn Monate Kenntnis von den Tatsachen gehabt, die zur Aufhebung und Erstattung berechtigt hätten. Gemäß §§ 45, 48 Sozialgesetzgesetzbuch Zehntes Buch...

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