Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen bei Zusammentreffen mit Unfallrente. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

§ 93 SGB 6 verstößt nicht gegen das GG. Die Regelung ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (so auch BSG vom 27.8.1998 - B 8 KN 20/97 R).

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Verletztenrente des Klägers aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden darf.

Am 16.04.1958 erlitt der im Jahre 1936 geborene Kläger einen Arbeitsunfall. Infolge des Unfalles erhält der Kläger von der Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H., zuletzt ab 01.01.1997 i.H. von 487,80 DM.

Mit Bescheid vom 28.02.1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersruhegeld (für Schwerbehinderte) ab 01.04.1997 in Höhe von 2492,67 DM. Dabei legte die Beklagte eine Rente aus der Rentenversicherung in Höhe von 2838,47 DM zugrunde. Aus der Unfallrente in Höhe von 487,80 DM rechnete die Beklagte einen Anrechnungsbetrag von 345,80 DM an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.1997 wies die Beklagte den Widerspruch, gestützt auf § 93 Absätze 1 und 5 SGB VI als unbegründet zurück. Die Anrechnung der Unfallrente sei zwingend.

Am 25.06.1997 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung der Klage hat er vorgetragen, die teilweise Anrechnung der Unfallrente auf die Altersrente sei verfassungswidrig, verstoße insbesondere gegen die Eigentumsgarantie, das Sozialstaatsprinzip, den Schutz der Menschenwürde, den Gleichheitsgrundsatz und das Rechtsstaatsprinzip.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.02.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Altersrente ungekürzt zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten.

Mit Urteil vom 04.08.1998, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 93 SGB VI wiederholt.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 04.08.1998 die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 28.02.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 teilweise aufzuheben und sie zu verurteilen, ihm die Altersrente ungekürzt zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 04.08.1998 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß seine Altersrente ohne Anrechnung der Unfallrente ausgezahlt wird. Die Beklagte hat denjenigen Betrag der Altersrente des Klägers, der mit Blick auf seine Verletztenrente nach § 93 SGB VI nicht zu leisten ist, zutreffend ermittelt. § 93 SGB VI verstößt nicht gegen das Grundgesetz (GG).

Die Beklagte hat § 93 SBG VI sachlich rechnerisch zutreffend angewandt und den nicht auszuzahlenden Teil der Altersrente des Klägers zu Recht auf 345,80 DM festgesetzt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, weshalb das Landessozialgericht auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in Anlage VII des Bescheides vom 28.02.1997 verweist.

§ 93 SGB VI verstößt nicht gegen das GG. Die Vorschrift berührt zwar den Schutzbereich der Eigentumsgarantie und den allgemeinen Gleichheitssatz. Sie muß sich daher an den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstäben des Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen. Die Regelung ist aber durch sachliche Gründe gerechtfertigt, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Bereits zu der vor Inkrafttreten des SGB VI geltenden Regelung des § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO), die wortgleich mit § 55 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) war, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn zur Vermeidung eines Doppelbezuges von Leistungen mit gleicher Zweckbestimmung sozialversicherungsrechtliche Ansprüche beschnitten werden (Beschluß vom 19.07.1984 - 1 BvR 1614/83 - SozR 2200 § 1278 RVO Nr. 11). Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich ausgeführt, daß Verstöße gegen Art. 14 Abs. 1, 3 Abs. 1 und auch 20 Abs. 1 Grundgesetz nicht vorliegen. Für di...

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