Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Prüfgremien. Ermittlung. Praxisbesonderheit. Prüfverfahren. Beweislast. Vertrags(zahn)arzt. Rechtswidrigkeit. Ausschluß. Kostenerstattung. Prozeßbevollmächtigter

 

Orientierungssatz

1. Die Prüfgremien sind verpflichtet, rechtserhebliche Praxisbesonderheit auf der ersten Stufe des Prüfverfahrens zu ermitteln und deren Auswirkungen zu bestimmen.

2. Trägt ein Vertrags(zahn)arzt die für eine Praxisbesonderheit maßgeblichen und nur ihm bekannten Umstände nicht in nachvollziehbarer Weise vor, geht dies weiterhin zu seinen Lasten.

3. Der Ausschluß der Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren im Rahmen einer Verfahrensordnung verstößt ab dem 1.1.1989 gegen § 63 SGB 10 (vgl BSG vom 14.5.1997 - 6 RKa 10/96 = SozR 3-1300 § 63 Nr 10).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen I bis III/1993 sowie darum, ob die Gebühren und Auslagen des im Beschwerdeverfahren hinzugezogenen Bevollmächtigten erstattungsfähig sind.

Der Kläger ist als Zahnarzt in V. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den genannten Quartalen rechnete er 292, 260 und 227 Behandlungsfälle ab. Die Gesamtfallwerte überschritten diejenigen der Vergleichsgruppe A2 um 99,57 %, 80,55 % und 116,20 %. Der Prüfungsausschuß setzte mit Bescheid vom 28.11.1995 eine Honorarkürzung von 29.832 Punkten (= 45.527,30 DM) fest, indem er die Abrechnungen für die Quartale I-III/1993 auf den Fachgruppendurchschnitt A 2 plus 50 v.H. kürzte.

In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er müsse mit der günstigsten Vergleichsgruppe (hier: C 2) verglichen werden. Den Mehraufwand im übrigen werde er in der Sitzung des Beklagten begründen. Mit Schreiben vom 04.04.1996 überreichte er eine Liste beispielhafter Einzelfälle zur Darlegung von Praxisbesonderheiten (Patienten mit überdurchschnittlichem Sanierungsbedarf, insbesondere Füllungen und Begleitmaßnahmen). Ferner fügte er eine Auflistung von Patienten bei, die in den Prüfquartalen im wesentlichen durchsaniert und danach nicht mehr zur Behandlung erschienen seien.

Mit Bescheid vom 14.05.1996 hob der Beklagte den angefochtenen Bescheid auf und setzte eine Honorarberichtigung in Höhe von 25.862 Punkten fest. Die Überschreitungen des Klägers lägen oberhalb der Grenze zum offensichtlichen Mißverständnis. Die vom Kläger vorgetragenen, den Mehraufwand nach seiner Auffassung rechtfertigenden Umstände könnten zwar eine Praxisbesonderheit darstellen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen seien jedoch hinsichtlich des Mehraufwandes weder substantiiert vorgetragen noch nachvollziehbar dargelegt worden. Bei Sichtung der Röntgenaufnahmen von elf Behandlungsfällen auf der Grundlage der vom Kläger eingereichten Patientenliste sei in allen Fällen festgestellt worden, daß es sich um umfangreiche, sanierungsbedürftige Fälle gehandelt habe. Der Kläger habe keinen Patientenfall benennen können, welcher nach mehreren Jahren erneut habe durchsaniert werden müssen. Angesichts der schmalen Therapiespanne sei die angegebene Praxisbesonderheit "viele Patienten mit desolaten Gebissen", die allerdings quantitativ nicht nachvollziehbar gewesen sei, mitreflektiert worden. Als Vergleichsmaßstab sei zugunsten des Klägers der Fallwert der nordrheinischen Zahnärzte C2 + 50 v.H. festgesetzt worden.

In seiner Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Prüfung des Quartals I/1993 sei unzulässig. Er habe zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfantrags nicht mehr mit einer Prüfung auf Wirtschaftlichkeit zu rechnen brauchen und davon ausgehen können, daß die für die Berechnung der Antragsfrist maßgebliche Statistik für das Quartal I/1993 dem Prüfungsausschuß im Juli 1993 vorgelegen habe. Erst aus einer Information im Rheinischen Zahnärzteblatt Nr. 7/1994 habe sich ergeben, daß die Vertragspartner vereinbart hätten, für die Antragstellung des Quartals I/1993 solle die Statistik für das Quartal III/1993 maßgebend sein. Die rückwirkende Änderung der Verfahrensordnung brauche er nicht gegen sich gelten zu lassen, da er sich auf den von den Vertragspartnern geschaffenen Vertrauenstatbestand berufen könne. Im übrigen habe er einen Anspruch auf Neubescheidung, weil der Beklagte keine "intellektuelle" Prüfung der Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungsweise durchgeführt habe. Schließlich habe der Beklagte es unterlassen, eine Kostenerstattung zu seinen Gunsten anzuordnen, soweit sein Widerspruch Erfolg hatte.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Bescheid des Prüfungsausschusses Düsseldorf II vom 28. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 1996 aufzuheben, soweit er das Quartal I/93 betrifft,

2. den Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 1996, soweit er die Quartale II bis III/93 betrifft, aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über seinen Widerspruch erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihm die notwendigen Aufwendu...

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