Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenhausträger. Abschluss eines Belegarztvertrages mit Vertragsarzt außerhalb des Planungsbereichs bei bestehender Überversorgung. Fehlen vorheriger Ausschreibung. Rechtswidrigkeit eines Belegarztvertrages

 

Orientierungssatz

1. Ein Krankenhausträger darf einen Belegarztvertrag in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich mit einem dort nicht niedergelassenen Vertragsarzt nur abschließen, wenn sich kein geeigneter Vertragsarzt für die Tätigkeit findet.

2. Das Fehlen einer vorherigen Ausschreibung durch einen Krankenhausträger steht nicht dem Abschluss eines Belegarztvertrages mit einem nicht im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt entgegen, wenn sich auf die nachgeholte Ausschreibung ein Interessent aus dem Planungsbereich nicht beworben hat.

3. Die Ausschreibung einer Belegarztstelle durch einen Krankenhausträger ist nicht fehlerhaft, wenn in der Ausschreibung keine Leistungen umschrieben werden, die qualitätsgesichert nur in der Hauptabteilung eines Krankenhauses erbracht werden können und vom Leistungsspektrum eines niedergelassen Vertragsarztes ≪hier HNO-Arzt≫ nicht umfasst sind.

4. Ein Belegarztvertrag ist dann rechtswidrig, wenn damit Zulassungsbeschränkungen unterlaufen werden sollen. Dies ist anzunehmen, wenn die Bettenzahl gegen eins tendiert. Der Schluss auf einen beabsichtigten Rechtsmissbrauch verlangt jedoch entsprechende Tatsachenfeststellungen der Zulassungsgremien.

5. Das Vorhandensein eines oder mehrerer Belegärzte schließt den Abschluss eines weiteren Belegarztvertrages nicht aus. Eine entsprechende Beschränkung ist der Regelung des § 103 Abs 7 SGB 5 nicht zu entnehmen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.09.2009; Aktenzeichen B 6 KA 27/08 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen zu 5) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Aufhebung des Beschlusses vom 21.06.2006 verurteilt wird, den Kläger zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit Vertragsarztsitz D-Straße 00, F auf der Grundlage von § 103 Abs. 7 SGB V zuzulassen. Die Beigeladene zu 5) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Sonderzulassung als Belegarzt.

Der 1958 geborene Kläger ist Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde mit den Zusatzbezeichnungen Allergologie, Plastische Operationen und Stimm- und Sprachstörungen. Er wurde am 24.11.1993 ins Arztregister eingetragen. Seit Dezember 1989 ist er an der Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde der Universität zu L, zunächst bis Mai 1991 als Arzt im Praktikum und dann als Assistenzarzt tätig gewesen. Seit Juli 1995 ist er Oberarzt dieser Klinik, beabsichtigt aber, diese Tätigkeit sofort zu beenden, sobald er als Vertragsarzt zugelassen ist. Er ist in L, O-Straße 00, wohnhaft.

Im November 2005 beantragte der Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung, beschränkt auf eine belegärztliche Tätigkeit mit Vertragsarztsitz D-Straße 00 in F. Im Planungsbereich Rhein-Erft-Kreis ist für die Arztgruppe der HNO-Ärzte eine Zulassungsbeschränkung wegen Überversorgung angeordnet. Mit seinem Antrag auf Zulassung legte der Kläger einen Belegarztvertrag mit der Beigeladenen zu 9), die Trägerin des Marienhospitals in C ist, vor. Dieser sind laut Krankenhaus-Bedarfsplan des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14.11.2005 vier Belegbetten für das Gebiet HNO zugewiesen. In der HNO-Abteilung ist bereits seit 1978 der Vertragsarzt Dr. V belegärztlich tätig. Dieser hat den Umfang seiner belegärztlichen Tätigkeit, auch im Hinblick auf sein Lebensalter von jetzt 63 Jahren, seit Beginn seiner Belegarzttätigkeit immer weiter verringert. Die Beigeladene zu 9) beabsichtigt, das Leistungsspektrum der HNO-ärztlichen Belegabteilung des Marienhospitals zu erweitern, weil ein besonderer Bedarf im Bereich der Hals-, Nasen- und Nebenhöhlenchirurgie, Ohrchirurgie, Pharynx- und Larynx-Chirurgie sowie der Speicheldrüsenchirurgie bestehe. Einige Operationen, um die das Leistungsspektrum erweitert werden soll, erbrachte der Belegarzt Dr. V früher, heute aber nicht mehr. Die Beigeladene zu 9) beabsichtigt nach ihren Einlassungen keine Ausweitung des Leistungsangebots in einen Bereich, der nur in der Hauptabteilung eines Krankenhauses qualitätsgesichert durchgeführt werden kann.

Nach dem Inhalt des Belegarztvertrages zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 9) werden für die HNO-Abteilung des Marienhospitals vier sog. Planbetten vorgehalten, wobei eine feststehende Bettenzahl vertraglich nicht vereinbart ist. Es besteht auch kein Rechtsanspruch des Klägers auf ständige Überlassung einer bestimmten Anzahl von Betten. Andererseits kann dieser bei Bedarf im Einvernehmen mit dem Träger weitere nicht genutzte Betten anderer Abteilung belegen. Nach Ziffer 10.1 des Vertrages beginnt das Vertragsverhältnis am 01.01.2006, frühestens mit der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Belegarzt. Ausweislich des mit dem Belegarzt Dr. V geschlossenen Belegarztvertrags von 1978 kann das ...

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