Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB 5. keine Abhängigkeit nur vom Ergebnis der Prüfung des MDK. Berücksichtigung des Ergebnisses einer anschließenden gerichtlichen Überprüfung

 

Orientierungssatz

Der Wortlaut von § 275 Abs 1c SGB 5 hebt zwar auf die Prüfung der Abrechnung des Krankenhauses durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ab, indem die Zahlung der Aufwandspauschale von dem Ergebnis dieser Prüfung abhängig gemacht wird. Indes kann dem Wortlaut dieser Vorschrift hier keine ausschlaggebende Bedeutung in dem Sinne beigemessen werden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers auch im Falle einer sich anschließenden gerichtlichen Überprüfung für die Verpflichtung zur Zahlung der Aufwandspauschale allein das Ergebnis der Prüfung des MDK maßgeblich sein sollte.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.06.2015; Aktenzeichen B 1 KR 24/14 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.07.2012 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 10.05.2010 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsverfahren.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Berufungsverfahren streiten die Beteiligten noch darüber, ob die Klägerin von der Beklagten die Zahlung der Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Höhe von 100,- Euro verlangen kann.

Die am 00.00.1930 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte C befand sich vom 02.02. bis 25.02.2009 in stationärer Behandlung der Klägerin. Sie stellte der Beklagten unter dem 24.03.2009 3.674,81 Euro - beruhend auf der Abrechnung der Diagnosis Related Groups (DRG) Nr. K62 Z -verschiedene Stoffwechselerkrankungen - in Rechnung. Die Beklagte, die dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einen Prüfauftrag gemäß § 275 Abs. 1 SGB V erteilt hatte, vertrat aufgrund des Gutachtens vom 08.02.2010 die Auffassung, dass von der Gesamtverweildauer von 23 Tagen nur 19 Tage medizinisch notwendig gewesen seien. Sie brachte deshalb von dem Rechnungsbetrag 774,92 Euro in Abzug und zahlte lediglich 2.899,89 Euro an die Klägerin.

Die Klägerin hat am 10.05.2010 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zur Kürzung der Rechnung nicht berechtigt gewesen sei; sie könne deshalb außerdem von der Beklagten die Zahlung der Aufwandspauschale gemäß § 275 Abs. 1c SGB V in Höhe von 100,- Euro beanspruchen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 774,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.04.2009 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 100,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen bzw. hilfsweise, wegen der Aufwandspauschale nach § 275 SGB V die Berufung zuzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an der Auffassung festgehalten, dass die stationäre Behandlung der Versicherten für lediglich 19 Tage medizinisch notwendig gewesen sei. Auch bestehe ein Anspruch auf die Aufwandspauschale in Höhe von 100,- Euro nicht, weil sie aufgrund der Prüfung durch den MDK die Rechnung der Klägerin korrigiert habe.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Arztes für innere Medizin und Gastroenterologie Dr. F, L, vom 17.10.2010 sowie einer ergänzenden Stellungnahme dieses Sachverständigen vom 27.10.2011. Der gerichtliche Sachverständige ist letztlich zu der Feststellung gelangt, dass über den gesamten Zeitraum der stationären Behandlung der Versicherten die medizinische Erforderlichkeit zu bejahen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 17.10.2010 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 27.10.2011 Bezug genommen.

Durch Urteil vom 13.07.2012 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 774,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.04.2009 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihr am 15.08.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.09.2012 Berufung eingelegt.

Zur Begründung macht sie geltend: Das Sozialgericht habe die Klage hinsichtlich der Aufwandspauschale in Höhe von 100,- Euro zu Unrecht abgewiesen. Die Prüfung des MDK habe hier gerade im Ergebnis nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages i.S.v. § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V geführt. Keinesfalls dürfe allein auf das Ergebnis der MDK-Begutachtung abgestellt werden. Der Gesetzgeber habe die Aufwandspauschale eingeführt, weil die Krankenhäuser in großem Maße mit unnötiger Bürokratie belastet würden. Diese Belastung unterscheide nicht danach, ob der MDK eine Minderung des Abrechnungsbetrages befürworte oder nicht. Es ...

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