Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit wegen Meldeversäumnis. versehentliche Meldung erst am Folgetag. kein wichtiger Grund. keine analoge Anwendung des § 309 Abs 3 S 2 SGB 3. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Eine Sperrzeit wegen Meldeversäumnis gem § 144 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 3 tritt auch dann ein, wenn sich der Arbeitslose nach rechtmäßiger Meldeaufforderung irrtümlich nur einen Tag zu spät zur genannten Uhrzeit bei der Agentur für Arbeit persönlich meldet. Eine analoge Anwendung des § 309 Abs 3 S 2 SGB 3 in Auslegung über seinen Wortlaut hinaus scheidet aus.

2. Die Sanktionsfolge des Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs für den pauschalierten Zeitraum einer Woche gem § 144 Abs 6 SGB 3 ist auch nicht verfassungswidrig.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.08.2011; Aktenzeichen B 11 AL 30/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.08.2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) für den Zeitraum 15.05.2007 bis 21.05.2007. Streitentscheidend ist dabei insbesondere, ob im vorgenannten Zeitraum eine Sperrzeit bei Meldeversäumnis eingetreten ist.

Die am 00.00.1952 geborene Klägerin ist von Beruf Altenpflegerin. Seit dem 02.08.2006 ist sie arbeitslos. Sie beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld gegenüber der Beklagten und versicherte im Antragsvordruck am 19.08.2006 durch ihre Unterschrift das "Merkblatt 1 für Arbeitslose" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Bescheid vom 23.08.2006 bewilligte ihr die Beklagte daraufhin Arbeitslosengeld ab 02.08.2006 in Höhe von 34,33 EUR täglich für eine Anspruchsdauer von 360 Tagen. Für den Zeitraum 02.08.2006 bis 12.08.2006 stellte sie das Ruhen des Anspruchs wegen Urlaubsabgeltung gemäß § 143 Abs. 2 SGB III fest.

Mit Schreiben vom 18.04.2007 übersandte die Beklagte der Klägerin eine Einladung gemäß § 309 SGB III i.V.m. § 144 SGB III zum Termin 14.05.2007 um 11:00 Uhr. Gegenstand des Termins sollten die berufliche Situation der Klägerin und ihr Bewerberangebot sein. Das Einladungsschreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung.

Zum Termin am 14.05.2007 erschien die Klägerin nicht bei der Beklagten. Statt dessen sprach sie am 15.05.2007 um 11:00 Uhr dort vor. An diesem Tag fand kein Gespräch zwischen ihr und der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten statt; die Klägerin erhielt eine zweite Einladung zum 21.05.2007. Zu diesem Termin erschien sie pünktlich. Im Vermerk der Beklagten vom 21.05.07 heißt es: "pers. z. 2. Einladung erschienen, hatte sich bei Einladung z. 140507 im Datum geirrt u. ist am 150507 um 11.00 Uhr bei 223C erschienen, deshalb ist Irrtum erst am 150507 aufgefallen. Besucht auf eigene Kosten Weiterbildungsmaßnahme v. 280507-020607, somit kein wichtiger Grund f. MV".

Mit Änderungsbescheid vom 24.05.2007 stellte die Beklagte daraufhin den Eintritt einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III für die Zeit vom 15.05.2007 bis 21.05.2007 fest und hob die zuvor für diesen Zeitraum erfolgte Leistungsbewilligung gegenüber der Klägerin vollständig auf. Darüber hinaus erfolgte eine weitere Leistungsaufhebung für den Zeitraum 28.05.2007 bis 02.06.2007, welche die Beklagte jedoch mit weiterem Änderungsbescheid vom 12.06.2007 zurücknahm und der Klägerin wiederum Arbeitslosengeld für den Zeitraum 28.05.2007 bis 10.08.2007 - eine Restanspruchsdauer von 74 Tagen - in Höhe von 34,33 EUR täglich bewilligte.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 26.06.2007 Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 24.05.2007 ein. Sie habe den Meldetermin irrtümlich erstmals falsch notiert und deshalb nicht bzw. um einen Tag verspätet wahrgenommen. Dieses habe sie erklärt und habe sich entschuldigt. Es handele sich um ein menschliches Versehen, welches keiner Bestrafung bedürfe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2007 zurück. Die Klägerin sei dem ordnungsgemäß bestimmten Meldetermin am 14.05.2007 ohne wichtigen Grund nicht nachgekommen. Die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit seien erfüllt.

Am 25.07.2007 hat die Klägerin Klage gegen die Sperrzeitentscheidung der Beklagten erhoben. Zur Begründung hat sie erneut ausgeführt, durch die Falschnotierung des Termins auf den 15.05.2007 liege ein entschuldbares menschliches Versagen ihrerseits vor, das durch ihr Erscheinen am 15.05.2007 zur vereinbarten Uhrzeit bestätigt worden sei. Eine Verletzung der Meldepflicht könne damit nicht angenommen werden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 24.05.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2007 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie ergänzend zum Widerspruchsbescheid vorgetragen, das ...

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