nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Dortmund (Entscheidung vom 11.06.2003; Aktenzeichen S 33 AL 111/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.06.2003 abgeändert. Der Bescheid vom 30.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2002 wird aufgehoben. Die Beklagte hat die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu tragen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.03.1999 bis 20.08.2001 in Höhe 12.524,82 Euro sowie über einen entsprechenden Erstattungsanspruch.

Der am 00.00.1941 geborene Kläger arbeitete vom 01.10.1968 bis 31.12.1998 als kaufmännischer Angestellter.

Am 08.12.1998 meldete er sich zum 01.01.1999 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld. Dabei gab er an, dass auf seiner Steuerkarte die Steuerklasse III eingetragen sei.

Mit Bescheid vom 11.02.1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 01.01.1999 für eine Anspruchsdauer von 971 Tagen nach der Leistungsgruppe C/allgemeiner Leistungssatz. Am 21.08.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen andauernder Arbeitsunfähigkeit des Klägers auf. Vom 21. bis 31.08.2001 bezog der Kläger Krankengeld. Am 04.09.2001 meldete er sich erneut arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Arbeitslosengeld. Dabei gab er an, dass auf seiner Steuerkarte die Steuerklasse V eingetragen sei.

Auf entsprechende Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger am 05.11.2001 mit, dass die Steuerklasse bereits zum 01.03.1999 geändert worden sei.

Nach entsprechender Anhörung des Klägers hob die Beklagte die Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 30.01.2002 für die Zeit vom 01.03.1999 bis 20.08.2001 teilweise in Höhe der Differenz zwischen Leistungsgruppe D/allgemeiner Leistungssatz und C/allgemeiner Leistungssatz auf und verlangte die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 12.524,82 Euro. Die Beklagte stütze ihre Entscheidung auf § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und warf dem Kläger vor, seiner Mitteilungspflicht nicht rechtzeitig nachgekommen zu sein.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus: Er habe sich aufgrund des Freitods seiner Tochter seit dem 06.04.1998 in nervenärztlicher Behandlung befunden. Aufgrund einer seelischen Erkrankung könne ihm nicht angelastet werden, dass er es unterlassen habe, die Änderungen auf der Lohnsteuerkarte mitzuteilen. Hinzu trete, dass eine ihm übersandte Veränderungsmitteilung zwar zahlreiche Tatbestände formularmäßig vorgedruckt beinhalte, die Änderung der Lohnsteuerklasse sei dort aber nicht ausdrücklich aufgeführt. Er habe aufgrund seiner Erkrankung auch nicht erkannt, dass eine entsprechende Änderung unter dem Punkt "Sonstige Änderungen" hätte angegeben werden können. Es sei für die psychische Erkrankung symptomatisch, dass der Patient - mit Mühe - die Energie aufbringe, vorgegebene Vordrucke auszufüllen, jedoch nicht in der Lage sei, Eigeninitiative zu entwickeln und die Vordrucke sinnvoll zu ergänzen. Schließlich seien die erbrachten Leistungen nicht mehr vorhanden. Dem Widerspruch war eine ärztliche Bescheinigung der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H vom 31.07.1998 sowie eine Rechnung der Psychotherapeutin Dr. C vom 26.10.1998 über Behandlungen im Zeitraum vom 15.07.1998 bis 20.10.1998 beigefügt. Der Kläger übersandte darüber hinaus einen ärztlichen Bericht der Ärztin Frau Dr. H vom 24.04.2002.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 21.06.2002 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben und zur Begründung zunächst sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat er die Auffassung vertreten, ihm sei eine grob fahrlässige Verletzung seiner Mitwirkungspflicht auch im Lichte des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.08.2002 - B 11 AL 87/01 R - nicht vorzuwerfen. Danach müsse ein Arbeitsloser nicht damit rechnen, der Lohnsteuerklassenwechsel habe negative Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch. Schließlich hat der Kläger bestritten, dass ihm das "Merkblatt für Arbeitslose" anlässlich seiner Arbeitslosmeldung ausgehändigt worden sei. Zu den Gründen für den Steuerklassenwechsel hat er angegeben, dass er und seine Ehefrau die monatliche Belastung für seine Frau niedrig halten wollten. Wenn er die Konsequenzen erahnt hätte, so hätten sie sich das Geld auch über den Lohnsteuerjahresausgleich wiederholen können.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 30.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2002 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 11.06.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Mit dem Lohnsteuerklassenwechsel zum 01.03.1999 sei nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 11.02.1999 eine Änderung in den tatsächlichen Verhältniss...

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