Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Notarzt im Rettungsdienst auf der Basis einer Honorarrahmenvereinbarung mit einem vom Träger des Rettungsdienstes beauftragten zwischengeschalteten Verein. Einzelauftrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Wurde ein Notarzt für einen Träger des Notdienstes jeweils auf der Grundlage von Einzelaufträgen tätig, scheidet die Annahme eines Dauerschuldverhältnisses im Rahmen der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht auch dann aus, wenn zwischen Notarzt und Träger der Notdienste ein Honorarrahmenvertrag über die Notarzteinsätze geschlossen wurde.

2. Die Tätigkeit als Notarzt kann im Rahmen einer selbständigen freiberuflichen Tätigkeit erbracht werden und ist nicht an die Ausübung in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gebunden. Insbesondere kann die Tätigkeit weisungsfrei ausgeübt werden.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 03.02.2015 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2014 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) aufgrund der für den Kläger ausgeübten Tätigkeit als Notärztin an den sich aus den vom Kläger vorgelegten Rechnungen ergebenden Einsatztagen nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.

Die Beklagte trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 29.000,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob die Beigeladene zu 1) in der seit dem 1.10.2011 fortlaufend bei dem Kläger ausgeübten Tätigkeit als Notärztin der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Bei dem Beigeladenen zu 5) handelt es sich um den u.a. für die kreisangehörige Stadt C nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (RettG NRW, in der Fassung von Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Brandschutzes, der Hilfeleistung und des Katastrophenschutzes v. 17.12.2015, GV NRW, S. 886) zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten und flächendeckenden notärztlichen Versorgung der Kreisbevölkerung verpflichteten Träger des Rettungsdienstes. Nachdem das bisherige System der notärztlichen Versorgung am Notarztstandort C, welches ursprünglich auf vertraglicher Grundlage über die Krankenhäuser und das dort beschäftigte ärztliche Personal sichergestellt wurde, nach der Schließung des St. O-Hospitals in C nicht mehr aufrechterhalten werden konnte, wurde zum 1.9.2011 der Kläger zur Sicherung der notärztlichen Versorgung gegründet.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen in das Vereinsregister des Amtsgerichtes (AG) Q (VR 0000) eingetragen Verein mit Sitz in C. Er bezweckt im Wesentlichen die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens, die Rettung aus Lebensgefahr und die Förderung des Katastrophen- und Zivilschutzes (§ 2 Abs. 5 der Vereinsatzung [VS]). Dies wird u.a. dadurch verwirklicht, dass er den Beigeladenen zu 5) bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung einschließlich der notärztlichen Versorgung im Rettungsdienst und des Krankentransportes unterstützt. Ferner gehören im Wesentlichen die Organisation der notärztlichen Versorgung der Bevölkerung im Kreis, das Führen von Dienstplänen über die zu vergebenen Notarztdienste, die Anwerbung von für den Notarztdienst qualifizierten Ärzten, deren Organisation und Schulung sowie Aus- und Fortbildung und die Beauftragung qualifizierter Ärzte auf Honorarbasis dazu (vornehmlich im Stadtgebiet C und Bad X [§ 2 Abs. 6 VS]). Organe des Vereins sind die Mitgliederversammlung und der Vorstand (§ 7 VS). Nach § 10 Abs. 1 VS besteht der Vorstand aus drei Vorsitzenden, wobei jedes Vorstandsmitglied den Verein allein vertreten kann. Dem Vorstand gehört ausweislich des Vereinsregisters u.a. die Beigeladene zu 1) an.

Im Rahmen der 1. Vorstandssitzung des Klägers am 7.10.2011 wurde zu dessen struktureller Gliederung u.a. entschieden, dass die Beigeladene zu 1) die Aufgaben der Organisation des Notarztdienstes und der Kommunikation mit den Notärzten übernehmen sollte. In diesem Zusammenhang hatte sie die Notarztpläne zu gestalten und die entsprechenden Zahlungen der Notarztrechnungen durchzuführen. Dafür erhielt sie eine monatliche Pauschale unter Annahme eines zeitlichen Aufwands von 22 Stunden im Monat, wobei zunächst pro Stunde 30,00 Euro sowie später ab Juni 2015 pro Stunde 35,00 Euro gewährt worden sind.

Zu diesem Zeitpunkt, nämlich bereits am 30.9.2011, hatten der Beigeladene zu 5) und der Kläger die sog. "Vereinbarung über die Maßnahmen zur Sicherstellung der notärztlichen Versorgung im Kreis Q" (Vereinbarung v. 30.9.2011) abgeschlossen. In dieser, auf die im Übrigen Bezug genomm...

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