Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.06.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass als Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung eine chronische Lumboischialgie rechts bei Bandscheibendegeneration der Lendenwirbelsäule und Zustand nach Nukleotomie festgestellt wird. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der Lendenwirbelsäule Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung - BKV - (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch längjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können - BK 2108 -) sind.

Der 1941 geborene Kläger war ab 1959 als Einschaler beschäftigt und ab 1972 in diesem Gewerbe selbstständig tätig. Nachdem er seit dem 27.05.1993 wegen einer rechtsseitigen Lumboischialgie arbeitsunfähig gewesen war, wurde er am 13.05.1994 wegen eines rechtsseitigen Bandscheibenvorfalls im Segment L5/S1 operiert. Im November 1994 beantragte der Kläger die Anerkennung und Entschädigung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als BK. Er machte geltend: Er habe vornehmlich Decken in Einfamilienhäusern eingeschalt, wozu Stahlträger mit einem Gewicht von 40 bis 80 Kg erforderlich seien. Ferner habe er Stahlstützen mit einem Gewicht von 25 bis 30 Kg verbaut. Für eine Decke, wovon er vier bis fünf pro Woche hergestellt habe, seien 35 bis 50 Träger und 60 bis 80 Stützen erforderlich. Ein solcher Träger sei auf 2,50 Meter Höhe anzuheben. Schließlich habe er das benötigte Material von Hand aus dem Rohbau wieder herausgetragen. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten sah die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung einer BK 2108 als gegeben an (Stellungnahmen vom 27.11.1995 und 13.02.2001).

Gestützt auf das Gutachten des Chirurgen Dr. I, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik E, der die Auffassung vertrat, dass ein wesentlicher ursächlicher Beitrag der besonderen beruflichen Belastungen zu der im Segment L4/L5 aufgetretenen leichten rechtsseitigen Protrusion und den im Segment L5/S1 eingetretenen Veränderungen sich nicht begründen lasse, lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung einer BK 2108 ab (Bescheid vom 12.09.1996, Widerspruchsbescheid vom 13.05.1997).

Mit der am 28.05.1997 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.

Er hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.09.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.1997 zu verpflichten, ihn wegen der Folgen einer bei ihm eingetretenen BK 2108 zu entschädigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an ihrer Auffassung, dass die medizinischen Voraussetzungen einer BK 2108 nicht gegeben seien, festgehalten.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. (NL) T2, N-Hospital in C, eingeholt. Er hat ausgeführt: Beim Kläger bestehe eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Berufstätigkeit wesentlich mit zurückzuführen sei. Die Exposition durch die berufliche Tätigkeit müsse als sehr lang angesehen werden, und die Gewichte, die der Kläger täglich habe bewältigen müssen, hätten in der Regel deutlich über dem Mindestgewicht von 25 Kg gelegen. Als Einschaler haber er sicherlich auch viele Arbeiten in Rumpfbeugehaltung durchgeführt. Somit sei davon auszugehen, dass das Risiko stark erhöht gewesen sei. Die Bandscheiben in den Segmenten L5/S1 und L4/L5 wiesen einen über das altersübliche Maß hinausgehenden Verschleiß aus. Vergleiche man die degenerativen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule mit den degenerativen Veränderungen an den sonstigen Wirbelsäulenabschnitten, sei eine Schwerpunktbildung der degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule zu erkennen. Die Beklagte hat dieser Beurteilung durch Vorlage einer Stellungnahme des Chirurgen Dr. X in X widersprochen. Dieser hat gemeint, dass beim Kläger lediglich die Segmente L4/L5 und L5/S1 betroffen seien. Gerade die beiden unteren Segmente der Lendenwirbelsäule seien im Querschnitt der Bevölkerung auch ohne besondere berufliche Belastung die am meisten geschädigten Segmente, so dass gerade für diese beiden Segmente die berufliche Belastung als zusätzliche schädigende Komponente ausgeklammert werden könne.

Das Sozialgericht hat daraufhin nochmals Dr. (NL) T2 gehört, der ebenso wie Dr. X in seiner weiteren Stellungnahme vom 25.04.2000 auf seinem Standpunkt verblieben ist.

Anschließend ist Prof. Dr. L, Orthopädische Universitätsklinik im St. K-Hospital in C, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worde...

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