Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit. Hauer. bergmännischer Facharbeiter. Berufsschutz. ausgeübte Tätigkeit. Müllwerker. tarifliche Eingruppierung. angelernter Arbeiter. Verweisbarkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Verweisbarkeit eines Hauers (bergmännischer Facharbeiter), der aufgrund seines Leistungsvermögens zuletzt die Tätigkeit eines Müllwerkers ausgeübt hat.

2. Eine Lösung von der bisherigen Tätigkeit bleibt außer Betracht, wenn und solange der Versicherte sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann (vgl BSG vom 2.2.1956 - 5 RKn 7/55 = BSGE 2, 182; vgl BSG vom 28.5.1963 - 12/3 RJ 44/61 = SozR Nr 33 zu § 1246 RVO).

3. In der Nichtwiederaufnahme der vom Versicherten aus gesundheitlichen Gründen aufgegebenen Gedingetätigkeit kann hier schon deshalb nicht die endgültige Lösung vom Hauptberuf gesehen werden, weil der Versicherte inzwischen gar nicht mehr die Möglichkeit hatte, in den Bergbau zurückzukehren. Denn schon im Jahre 1987 war der bergbauliche Arbeitsmarkt abgekehrten Bergleuten verschlossen (vgl BSG vom 20.8.1987 - 5a RKn 16/86 = SozR 1500 § 62 Nr 24).

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren hat.

Der am ... 1949 geborene Kläger war vom 01.04.1964 bis 29.02.1984 im Rheinisch-Westfälischen Steinkohlebergbau beschäftigt. Er übte ab 01.06.1971 bis zu seinem schweren Verkehrsunfall am 10.03.1981 die Tätigkeit des Hauers aus, wobei er zuletzt in der Aus- und Vorrichtung arbeitete und in die Lohngruppe 11 der Lohnordnung eingestuft war. Bei dem Unfall vom 10.03.1981 zog er sich einen Bruch des rechten Oberschenkels, mehrere Rippenbrüche, eine Prellung der rechten Körperhälfte und eine Gehirnerschütterung mit vorübergehender Bewußtlosigkeit zu. Er erhielt deshalb vom 10.03. bis 09.11.1981 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und vom 10.11.1981 bis 01.08.1982 Rente wegen Berufsunfähigkeit. Vom 02.08.1982 bis zu seiner Abkehr vom Bergbau am 29.02.1984 wurde der Kläger nach einer entsprechenden Arbeitsplatzwechselempfehlung des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) der Beklagten vom 30.10.1981 mit Rücksicht auf die noch verbliebenen Unfallfolgen nicht mehr als Hauer, sondern nur noch als Anschläger 1 (Lohngruppe 06) eingesetzt. Die Beklagte bewilligte deshalb mit Bescheid vom 06.09.1984 Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit ab 02.08.1982. Von März bis Juni 1985 nahm der Kläger an einer von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten Fortbildungsmaßnahme teil, die er mit dem Erwerb des Führerscheins der Klasse 2 abschloß.

Mit Bescheid vom 19.01.1988 in der Fassung des bestandskräftigen Widerspruchsbescheides vom 29.02.1988 hob die Beklagte die Bewilligung der Bergmannsrente ab 01.03.1988 mit der Begründung auf, der Kläger sei nicht mehr vermindert bergmännisch berufsfähig, weil er wieder in seinem bisherigen Beruf als Hauer arbeiten könne. Dabei stützte sich die Beklagte auf die von ihr eingeholten orthopädischen Gutachten des Dr. L vom 23.04.1987 und des Dr. B. vom 22.12.1987, die keine wesentlichen Unfallfolgen mehr festgestellt und den Kläger wieder für fähig gehalten hatten, die Tätigkeit des Hauers in der Aus- und Vorrichtung vollschichtig zu verrichten, wobei Dr. B. allerdings auf die unzureichende Durchblutung der unteren Gliedmaßen des Klägers hingewiesen und deshalb Arbeiten, die dauernd im Stehen oder Hocken ausgeführt werden müssen, ausgeschlossen hatte.

Vom 14.02.1989 bis 31.01.1992 war der Kläger bei der R. Entsorgungswirtschaft GmbH und Co KG in B. als Müllwerker beschäftigt. In der von der Beklagten eingeholten Auskunft des Arbeitgebers vom 10.02.1993 heißt es, Einstellungsvoraussetzung sei der Führerschein der Klasse 2 gewesen. Davon abgesehen habe es sich um eine Tätigkeit gehandelt, in die auch betriebsfremde ungelernte Arbeiter nicht länger als 2 Wochen hätten eingewiesen werden müssen. Der Kläger sei in die Vergütungsgruppe 3 des Tarifvertrags für die private Entsorgungswirtschaft eingestuft gewesen.

Auf den Rentenantrag des Klägers vom 06.01.1994 bewilligte die Beklagte wieder die Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau ab 01.02.1994.

Am 21.11.1994 beantragte der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Beklagte ließ ihn am 05.04.1995 durch Dr. S. (SMD L.) untersuchen, der beginnende Durchblutungsstörungen des linken Beins, Fettleibigkeit, Fettstoffwechselstörungen, ein chronisches Lumbalsyndrom, ein chronisches Cervikalsyndrom, eine beginnende Coxarthrose und eine posttraumatische Gonarthrose rechts feststellte und den Kläger noch für fähig hielt, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zwangshaltungen unter und über Tage vollschichtig zu verrichten.

Mit Bescheid vom 07.08.1995 und Widerspruchsbescheid vom 05.02.1996 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger, der als Müllwerker keinen Facharbeiterschutz geniesse, sei nicht berufsunfähig, weil er nach dem eingeholten Gutachten noch als Bürohilfskraft, Telefonist oder Serienprüfer im Wareneingang arb...

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