Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff derselben Krankheit bei der Bewilligung von Krankengeld

 

Orientierungssatz

1. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB 5 erhalten Versicherte Krankengeld wegen derselben Krankheit für bis zu 78 Wochen innerhalb der Blockfrist.

2. Bei einer wiederholten Erkrankung handelt es sich um dieselbe Krankheit im Rechtssinn, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zu Grunde liegt (BSG Urteil vom 7. 12. 2004, B 1 KR 10/03 R).

3. Lässt sich eine immer wiederkehrende Arthrose in beiden Hüftgelenken auf eine gemeinsame Ursache, nämlich eine Hüftdysplasie zurückführen, so ist diese auf ein einheitliches, nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen. Damit sind die Voraussetzungen des Vorliegens ein- und derselben Krankheit gegeben.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.01.2017; Aktenzeichen B 3 KR 32/16 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.12.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Krankengeld für die Zeit vom 09.07.2011 bis zum 16.01.2012.

Die 1967 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau. Sie ist bei Juwelier D als Dekorateurin mit einer Tätigkeit überwiegend mit Gehen und Stehen in Teilzeit beschäftigt. Bei ihr bestand eine Hüftgelenksdysplasie mit sekundärer Arthrose, links stärker als rechts.

Vom 27.10.2008 bis zum 04.03.2010 war sie arbeitsunfähig aufgrund der Hüftgelenksarthrose (Coxarthrose) links. Während dieses Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit erfolgte im Januar 2009 der operative Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks links sowie eine Anschlussheilbehandlung. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeit erhielt sie bis zum 07.12.2008 Lohnfortzahlung und ab dem 08.12.2008 bis zum 04.03.2010 Krankengeld.

Im Zeitraum vom 17.05.2011 bis zum 16.01.2012 war die Klägerin erneut arbeitsunfähig aufgrund der Coxarthrose, dieses Mal rechts. Es wurde ein künstliches Hüftgelenk rechts eingesetzt und es folgte eine Anschlussheilbehandlung (27.05.-17.06.2011).

Die Beklagte bewilligte nach Entgeltfortzahlung Krankengeld für die Zeit vom 28.06.2011 bis zum 08.07.2011.

Mit Bescheid vom 22.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2011 lehnte sie die Bewilligung von Krankengeld über den 08.07.2011 hinaus ab. Die Höchstanspruchsdauer sei mit dem 08.07.2011 erschöpft, da mit der Arthrose der linken und der rechten Hüfte dieselbe bzw. eine hinzugetretene Krankheit vorliege, die zu keiner Verlängerung des Höchstleistungszeitraums führe. Der ursächliche Zusammenhang der Erkrankung beider Hüftgelenke sei auch von den behandelnden Ärzten bestätigt worden. Er führe zur Anrechnung des Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit vom 27.10.2008 bis zum 04.03.2010.

Die Klägerin hat am 14.11.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, es habe seit dem 17.05.2011 durchgehend Arbeitsunfähigkeit bis zum 16.01.2012 bestanden. Am 17.01.2012 habe sie ihre Beschäftigung am Arbeitsplatz wieder aufgenommen. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten liege nicht dieselbe Krankheit vor, da zwei verschiedene Gelenke, zunächst das linke Hüftgelenk und später das rechte Hüftgelenk, betroffen gewesen seien. Die spätere Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Arthrose im rechten Hüftgelenk beruhe auch nicht auf einer hinzugetretenen Krankheit, da die Arbeitsunfähigkeit wegen der Arthrose des rechten Hüftgelenks bereits am 04.03.2010 beendet gewesen sei. Die am 17.05.2011 neu eingetretene Arbeitsunfähigkeit habe eine neue Blockfrist in Gang gesetzt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2011 zu verurteilen, Krankengeld für die Zeit vom 09.07.2011 bis zum 16.01.2012 zu bewilligen und den Anspruch gesetzlich zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.

Das SG hat zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts medizinische Unterlagen und Arztbriefe der behandelnden Ärzte, des Orthopäden PD Dr. C und der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S beigezogen.

Mit Urteil vom 05.12.2013 hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe über den 08.07.2011 hinaus kein Anspruch auf Krankengeld zu. Denn Versicherte erhielten gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Krankengeld für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit für längstens 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Bei der innerhalb des 3-Jahreszeitraums vom 27.10.2008 bis zum 26.10.2011 am 17.05.2011 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit handele es sich um eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit. Bei der Arthrose-Erkrankung des linken Hüftgelenkes einerseits und des rech...

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