Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7. Abgrenzung: abhängige Beschäftigung von selbständiger Tätigkeit. GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer. keine Sperrminorität. persönlicher Einfluss. Familienunternehmen

 

Orientierungssatz

1. Ob die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH sich als abhängige Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit darstellt, ist unabhängig vom Vorliegen einer etwaigen Sperrminorität danach zu beurteilen, ob er nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt.

2. Ist im Geschäftsführervertrag keine Arbeitszeit festgelegt und darüber hinaus keine Regelung enthalten, die auf ein Weisungsrecht eines Arbeitgebers hindeutet, ist dessen Position davon geprägt, dass er die wesentlichen betrieblichen Entscheidungen allein trifft, dominiert er die Gesellschaft persönlich und ist diese infolgedessen wirtschaftlich von ihm abhängig, so ist von einer selbständig ausgeübten Tätigkeit auszugehen. Dies gilt erst recht dann, wenn von den Stimmrechtsverhältnissen ihm gegenüber als Minderheitsgesellschafter kein Gebrauch gemacht wird.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.02.2009 geändert und die Klagen abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Beigeladenen in beiden Rechtszügen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der im Berufungsverfahren beigeladene Herr L am 02.06.2003 einen Arbeitsunfall erlitten hat, insbesondere ob er zu dem in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personenkreis zählt.

Der 1947 geborene Beigeladene war zum Zeitpunkt des Unfalls Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma F Transporte GmbH (F GmbH). Sein Gesellschaftsanteil betrug etwa 33 %. Die weiteren Anteile besaß seine Ehefrau. Diese Firma ist hervorgegangen aus der von dem Beigeladenen zusammen mit seinem Schwager 1990 gegründeten Firma F Tiertransporte GmbH, deren Gegenstand die Durchführung von Tiertransporten gewesen ist. Der Beigeladene und sein Schwager hielten je die Hälfte der Anteile dieser Firma. 1993 übernahm die Ehefrau des Beigeladenen die Anteile des Schwagers. Im Februar 1998 änderte sich der Tätigkeitsbereich der Gesellschaft. Gegenstand wurde der allgemeine gewerbliche Gütertransport, insbesondere der Transport von Messegütern, was zur Umfirmierung der Gesellschaft und zu ihren jetzigen Namen führte. Im Zusammenhang mit dieser Umstrukturierung wurde das Geschäftskapital erhöht. Eine weitere Kapitalerhöhung erfolgte im Jahre 2002, mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Ehefrau des Beigeladenen einen Anteil von etwa 66% der Geschäftsanteile hielt.

Der Beigeladene hatte mit der Firma F Tiertransporte GmbH am 19.06.1990 einen Geschäftsführervertrag geschlossen, der auch nach der Umfirmierung weitergeführt wurde. Nach diesem Vertrag war der Beigeladene berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB allein zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft zu führen. Unter § 3 - Arbeitszeit - war geregelt, dass der Beigeladene seine ganze Arbeitskraft mit seinen gesamten Kenntnissen und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen habe und an eine bestimmte Arbeitszeit nicht gebunden sei. Er sollte ein festes Monatsgehalt erhalten, dessen Höhe nicht im Vertrag festgelegt war. Ferner war ein Anspruch auf Urlaub von vier Wochen im Jahr geregelt.

Der Beigeladene erhielt für seine Tätigkeit regelmäßig die vereinbarte monatliche Vergütung (2002 in Höhe von 4.382,80 EUR brutto), von der kein Gesamtsozialversicherungsbeitrag sondern lediglich die Lohnsteuer abgeführt wurde. Er war freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert und auch mit dem Mindestbeitrag freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Beigeladene war für die F GmbH u.a. auch als Fahrer tätig. Am 02.06.2003 befand er sich mit einem LKW der F GmbH vor der Lagerhalle der Klägerin zu 2), die bei der Klägerin zu 3) im Rahmen einer Betriebshaftpflichtversicherung versichert war. Der Kläger zu 1), Arbeitnehmer der Klägerin zu 2), hatte als Staplerfahrer eine für die Klägerin zu 2) bestimmte Palette Messegut vom LKW des Beigeladenen entnommen, den Stapler gewendet und war mit dieser Palette in Richtung Lagerhalle gefahren. Dabei kam der Stapler auf den Beigeladenen rückwärts zu und hielt knapp neben ihm. Durch eine Lenkbewegung wurde der Beigeladene umgeworfen und geriet mit seinem rechten Fuß unter das Ballastteil des Staplers. Dabei erlitt er Verletzungen.

Auf Veranlassung der Klägerin zu 3), die Leistungen wegen des Unfalls aus der Versicherung unter Hinweis auf das Haftungsprivileg nach §§ 105 ff. des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) abgelehnt hatte, wandte sich der Beigeladene an die Berufsgenossen...

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