Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Kosten der Unterkunft. Einlagerungskosten für Hausrat nach Zwangsräumung. Unwirtschaftlichkeit

 

Orientierungssatz

1. Zu den in § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 genannten Bedarfen für die Unterkunft können auch Einlagerungskosten zählen, wenn die gesamten Unterkunftskosten unter Einbeziehung der Einlagerungskosten angemessen sind. Das entscheidet sich ua danach, ob die einzulagernden Gegenstände in einer nachvollziehbaren Relation zu dem Lebenszuschnitt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen stehen.

2. Eine Unwirtschaftlichkeit und damit eine Unangemessenheit der Einlagerungskosten ist allenfalls dann anzunehmen, wenn der Wert der eingelagerten Gegenstände auch unter Berücksichtigung des Art 2 Abs 1 GG und des Umstandes, dass es sich nur um einen vorübergehenden Zustand handeln soll, erkennbar außer Verhältnis zu den für seine Einlagerung aufzuwendenden Kosten steht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.12.2016 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 31.05.2017, die monatlichen Kosten für die Einlagerung der aus der Wohnung Am U 143 in E zwangsgeräumten Gegenstände bei der Firma Q M in N zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen zur Hälfte zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Kosten für die Überführung und Einlagerung von Hausrat nach der Zwangsräumung ihrer Wohnung.

Die am 00.00.1957 geborene Antragstellerin war zuletzt als selbständige Landschaftsarchitektin tätig. Sie wohnte bis zum 26.10.2016 in einer 64m² großen Wohnung am U 143 in E und bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Antragsgegner. Für die Zeit vom 01.06.2016 bis zum 31.05.2017 bewilligte der Antragsgegner ihr mit Bescheid vom 04.05.2016 Leistungen iHv 998,85 Euro (404,- Euro Regelleistungen zuzüglich 9,29 Euro Leistungen zur Deckung des Mehrbedarfs für Warmwasserbereitung sowie 585,56 Euro für Unterkunft und Heizung). Seit geraumer Zeit zahlte der Antragsgegner nur noch die angemessene Miete.

Wegen Mietrückständen wurde die Wohnung der Antragstellerin am 26.10.2016 geräumt. Der Gerichtsvollzieher ließ die in der Wohnung befindlichen, nicht der Zwangsvollstreckung unterliegenden Gegenstände von der Spedition Q M an deren Betriebssitz in N einlagern.

Die Antragstellerin gab die Adresse einer Freundin (L 15, E) als Übergangsanschrift an. Der Antragsgegner bewilligte mit Bescheid vom 02.11.2017 für die Zeit vom 01.12.2016 bis zum 31.05.2017 Leistungen in Höhe von monatlich 413,29 Euro (ohne Kosten der Unterkunft). Mit Bescheid vom 16.11.2016 hob er nach Anhörung die Bewilligung der Unterkunftskosten für Oktober 2016 teilweise und für November 2016 ganz auf. Er forderte 596,08 zurück und rechnete die zu erstattenden Leistungen iHv 40,40 Euro gegen den Leistungsanspruch auf.

Am 10.11.2016 machte die Antragstellerin telefonisch die Übernahme der Kosten für die Einlagerung der Möbel und des Hausrats geltend. Sie teilte am 23.11.2016 per E-Mail mit, es sei ihr nicht möglich gewesen, eine kostenlose Überführung der Gegenstände nach E in die I straße 105 (Möbellager) zu erhalten, was ihr vom Gerichtsvollzieher zugesagt worden sei. Sie werde nach Lagermöglichkeiten suchen. Der Mail angefügt war ein Angebot der Firma Q M vom 15.11.2016 für die Überführung der Möbel nach E für insgesamt 1.047,20 Euro. Am 29.11.2016 übersandte die Antragstellerin weitere Angebote für die Möbellagerung in E (Firmen Lagerbox und Shurgard) und bat um Mitteilung, ob die Miete an sie überwiesen werden könne, da die Lagerung schon von einer anderen Firma wegen der Räumung und der Mietzahlung durch das Jobcenter rigoros abgelehnt worden sei. Sie müsse die Sache jetzt schnell abwickeln und bat um zeitnahe Bestätigung.

Mit Schreiben vom 01.12.2016 teilte der Antragsgegner mit, eine Übernahme von Einlagerungskosten sei bei wirtschaftlicher Vertretbarkeit möglich. Sei der finanzielle Aufwand für die Einlagerung des Hausrats prognostisch höher als der mit 1000 Euro zu veranschlagende Betrag einer Erstausstattung eines Alleinstehenden, scheide eine Kostenübernahme aus. Die eingereichten Angebote könnten nicht als angemessen angesehen werden. Zudem stehe aktuell kein zeitnaher Umzug in eine neue Wohnung in Aussicht, die Räumung liege fast fünf Wochen zurück und bis heute sei kein Mietangebot vorlegt worden. Zudem sei der benötigte Lagerplatz von 15 qm unangemessen, dies entspreche der Einlagerungsgröße eines Einfamilienhauses mit vier Schlafzimmern, hier seien vier bis maximal sechs Quadratmeter ausreichend. Bei Einreichung eines angemessenen Kostenvoranschlages könne eine "wirtschaftliche Einlagerung" erfolgen. Eine Kostenübernahme für die Mitnahme der vollständigen Büroeinrichtung sei nicht möglich.

Am 05.12.2016 te...

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