Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Untätigkeitsbeschwerde bei unterbliebenem Beschluss über einen PKH-Antrag

 

Orientierungssatz

1. Gegen eine (bisher) unterbliebene Entscheidung eines Sozialgerichts über einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist eine Beschwerde als Untätigkeitsbeschwerde nicht zulässig. Vielmehr setzt eine Beschwerde eine gerichtliche Entscheidung voraus.

2. Einzelfall zur Beurteilung des Vorliegens einer willkürlichen oder sachwidrigen Verzögerung bei der Bearbeitung eines PKH-Antrags durch ein Sozialgericht (hier: verneint).

 

Tenor

Die Beschwerde der Kläger vom 27.03.2014 über die fehlende Bescheidung ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts Dr. D, E, wird verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Kläger stellten im Rahmen der am 08.09.2011 vor dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage (Az. S 15 AS 3475/11) am 12.06.2012 einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. D, E. Das Sozialgericht Köln forderte daraufhin mit Schreiben vom 15.06.2012 zunächst eine vollständig ausgefüllte und unterschriebene Erklärung samt Belegen, erklärte diese Aufforderung aber nach dem Hinweis der Kläger vom 17.06.2013 auf die bereits vorgelegten Unterlagen für erledigt. Am 19.06.2012 stellten die Kläger gegen den mit der Angelegenheit befassten Richter einen Befangenheitsantrag, über welchen mit Beschluss vom 19.12.2012 durch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Az. L 11 AS 2021/12 B) abschließend entschieden wurde. Die Akten wurden nach Abschluss des Verfahrens über die Befangenheit dem Vorsitzenden der 15. Kammer des Sozialgerichts Köln Ende Februar 2013 wieder vorgelegt. Wegen einer von den Klägern am 15.02.2013 erhobenen Verzögerungsrüge waren die Akten sodann bis Mitte März 2013 der Bearbeitung durch die 15. Kammer entzogen. Mit Verfügung vom 16.05.2013 forderte der Kammervorsitzende auf, für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe aktuelle Einkommensnachweise vorzulegen; auf Nachfrage wurde dieses Verlangen durch das Sozialgericht am 06.06.2013 erläutert. Nach der Erinnerung vom 27.06.2013 legte der Kläger zu 1) seinen aktuellen Rentenbescheid vor. Das Sozialgericht forderte am 08.07.2013 auch die Unterlagen der Klägerinnen zu 2) und 3) an; am 12.07.20123 erklärte die Klägerin zu 2), dass sie kein Einkommen beziehe, die Klägerin zu 3), dass sie lediglich über Einkommen aus Kindergeld i.H.v. 184 Euro monatlich verfüge. Vom 15.07.2013 bis zum 13.02.2014 waren sämtliche Leistungsakten von dem Bundessozialgericht (BSG) in einem Parallelverfahren beigezogen.

Die Kläger erinnerten am 07.08.2013 und 12.02.2014 an die Entscheidung über ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Sie vertraten die Ansicht, die wirtschaftlichen Verhältnisse seien geklärt.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 17.02.2014 forderte das Sozialgericht Köln "vorsorglich" aktuelle Einkommensnachweise für die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe und erinnerte daran am 24.03.2014 unter Fristsetzung von drei Wochen.

Am 27.03.2014 haben die Kläger beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschwerde eingereicht.

Zur Begründung tragen sie vor, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 12.06.2012 neben der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch der aktuelle Rentenbescheid des Klägers zu 1) beigefügt gewesen sei. Dennoch habe das Gericht anschließend aktuelle Einkommensnachweise gefordert. Die Kläger sind der Ansicht, dass der Antrag seit dem 12.06.2012 bewilligungsreif sei; die Nicht-Bescheidung dieses Antrages komme einer Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags gleich.

Die Kläger beantragen,

ihnen ab Antragstellung beim Sozialgericht Köln Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt Dr. D, E, beizuordnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen. Die Akte hat vorgelegen und ist Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Eine Beschwerde in unmittelbarer Anwendung von § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht statthaft, weil diese Beschwerde grundsätzlich nur gegen Entscheidungen der Sozialgerichte in Betracht kommt. Eine Entscheidung des Sozialgerichts Köln ist hier nicht ergangen.

Auch eine (allgemeine) Beschwerde gegen die Untätigkeit eines Gerichts - wie sie in der Vergangenheit zum Teil für statthaft angesehen wurde (dazu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer -Hrsg.-, SGG, 2012, § 172 RdNr. 2c m.w.N.) - ist nicht statthaft, da ihre Zulässigkeit als überholt anzusehen ist: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat klargestellt, dass Rechtsbehelfe in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt sein müssen (Plenumsbeschluss vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, juris RdNr. 68 f.). Es verstoße gegen die Anforderung an die Rechtsmittelklarheit, wenn die Rechtsprechung außerordentliche Rechtsbehelfe außerhalb des geschriebenen Rechts schafft, um tatsächliche oder ver...

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