Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall und Höhe von Rechtsanwaltsgebühren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Die Mittelgebühr für die Verfahrensgebühr aus Nr. 3102 VV RVG beträgt 250.- €. . Eine generelle Minderung des Gebührenrahmens für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sieht das VV RVG nicht vor.

2. Bei einem leicht unterdurchschnittlichen Umfang, allenfalls durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ohne besonderes Haftungsrisiko, überdurchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit des Antragstellers und dessen unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen ist für die Verfahrensgebühr im einstweiligen Rechtsschutz der Ansatz einer Gebühr von 75 % der Mittelgebühr gerechtfertigt. Das sind 190.- €. .

3. Die Einigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1000 VV RVG setzt als zusätzliche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages voraus, dass hierdurch der Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags über Sozialleistungen ist nur zulässig, soweit die Erbringung einer Leistung im Ermessen des Leistungsträgers steht. Ist Streitgegenstand die vollständige Auszahlung der Grundsicherungsleistung, so ist der Anfall einer Einigungsgebühr ausgeschlossen, weil es sich dabei nicht um eine Ermessensleistung, sondern um eine gebundene Leistung handelt.

4. Eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 S. 2 Nr. 3 VV RVG fällt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht an, weil dort die Durchführung eines Termins nicht obligatorisch ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.04.2010 geändert. Die Vergütung wird auf 249,90 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig.

Durch Bescheid vom 16.07.2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin und deren minderjährigen Tochter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 795,00 EUR monatlich (Regelleistung für die Antragstellerin 472,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung von 323,00 EUR) für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.01.2008. Zum 01.09.2007 zog die Antragstellerin in die Wohnung L-straße 00, 00000 H um. Mit der Vermieterin vereinbarte die Antragstellerin, dass sie bis zum 01.12.2007 keine Miete zu zahlen habe. Mit Schreiben vom 02.10.2007 und 26.10.2007 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einer beabsichtigten teilweisen Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 16.07.2007 für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.2007 an. Die Antragsgegnerin zahlte an die Antragstellerin für November 2007 einen Betrag von 346,89 EUR aus. Sie veranlasste die vorläufige Einstellung der bewilligten Kosten für Unterkunft und und Heizung und erhöhte den Forderungseinzug auf einen Betrag von 92,60 EUR. Mit Schreiben vom 29.10.2007 nahm die Antragstellerin, vertreten durch den Beschwerdeführer, zu den Anhörungsschreiben Stellung. Durch Bescheid vom 14.11.2007 bewilligte die Antragsgegnerin der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 795,00 EUR für die Zeit vom 01.08. bis 30.11.2007 sowie in Höhe von 581,56 EUR für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.01.2008.

Am 13.11.2007 beantragte die Antragstellerin, vertreten durch den Beschwerdeführer, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Auszahlung eines Betrages in Höhe von 400,00 EUR zu verpflichten.

Durch Beschluss vom 22.11.2007 bewilligte das Sozialgericht Gelsenkirchen der Antragstellerin für die Zeit ab dem 13.11.2007 Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei. Nachdem der Beschwerdeführer Kenntnis von dem Erlass des Bescheides vom 14.11.2007 erhalten hatte, erklärte er den Rechtsstreit für erledigt. Durch Beschluss vom 28.04.2010 stellte das Sozialgericht fest, dass die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten haben.

Am 06.12.2007 hat der Beschwerdeführer beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 579,77 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von:

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR

Vergleichsgebühr gem. Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

Fahrtkosten gem. Nr. 7003 VV RVG 7,20 EUR

Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt gem. Nr. 7008 VV RVG 92,57 EUR.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 11.12.2007 auf 160,65 EUR festgesetzt und zwar in Höhe von.

Verfahrensgebühr gem. Nr. 3103 VV RVG 115,00 EUR

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19 % MwSt gem. Nr. 7008 VV RVG 25,65 EUR.

Für das in Dauer, Umfang, Bedeutung und Komplexität der anwaltlichen Tätigkeit unterdurchschnittliche Verfahren im Vergleich zu allen anderen sozialgerichtlichen Verfahren habe nur eine unterdurchschnittliche Verfahrensgebühr festgesetzt werden können. Des Weiteren sei der Gebührentatbestand der Nr. 3103 VV RVG ei...

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