Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer fiktiven Terminsgebühr bei Abschluss des Verfahrens durch außergerichtlichen Vergleich

 

Orientierungssatz

1. Die Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3106 Nr. 1 VV RVG, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.

2. Eine fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3106 Nr. 3 VV RVG fällt dann an, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Sie entsteht nicht, wenn das Verfahren durch den Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs mit beidseitiger übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten beendet worden ist.

3. In einem solchen Fall ergibt sich der Anfall einer fiktiven Terminsgebühr auch nicht aus einer analogen Anwendung der Vorschrift der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alternative VV RVG.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 15.03.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig.

Durch Bescheid vom 25.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2009 hob die Beklagte die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) an die Klägerin für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2008 teilweise sowie für die Zeit ab dem 01.09.2008 ganz auf und forderte einen Betrag von insgesamt 495,45 EUR zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin, vertreten durch die Beschwerdeführerin, Klage. Durch Beschluss vom 07.08.2009 bewilligte das Sozialgericht Dortmund der Klägerin für die Zeit ab dem 01.07.2009 Prozesskostenhilfe und ordnete die Beschwerdeführerin bei. Nach Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung unterbreitete das Sozialgericht den Beteiligten schriftlich einen Vergleichsvorschlag, wonach die Beklagte die Erstattungsforderung auf 160,- EUR reduziert und 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt. Die Beteiligten nahmen den Vergleichsvorschlag des Gerichts an.

Am 21.07.2010 hat die Beschwerdeführerin beantragt, ihre Vergütung aus der Staatskasse auf 690,20 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR

Einigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7200 VV RVG 20,00 EUR

19% Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 110,20 EUR.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 26.07.2010 auf 452,20 EUR festgesetzt und zwar in Höhe von

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR

Einigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR

19% Mehrwertsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 72,20 EUR.

Gegen die Nichtberücksichtigung der Terminsgebühr legte die Beschwerdeführerin Erinnerung ein. Nach Nr. 3106 Nr. 1 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) sei in einem sozialgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr zu erstatten, wenn das Verfahren im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werde. Im vorliegenden Fall sei durch die Beteiligten vereinbart worden, den Vergleich ohne mündliche Verhandlung abzuschließen. Die Terminsgebühr sei entstanden, weil die Angelegenheit ohne mündliche Verhandlung habe erledigt werden können, obwohl diese für das Verfahren vorgeschrieben gewesen sei.

Durch Beschluss vom 15.03.2011 hat das Sozialgericht Dortmund die Erinnerung zurückgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 18.03.2011 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 18.04.2011 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerdeführerin verfolgt ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Auffassung, dass das Verfahren im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch einen Vergleich beendet worden sei. Dies erfülle den Tatbestand der Nr. 3106 VV RVG.

II.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht durch den Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), auch wenn der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. § 33 Abs. 8 Satz 1 HS. 2 RVG, wonach auch über die Beschwerde der Einzelrichter entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist, findet im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, selbst wenn die angefochtene Entscheidung durch den Kammervorsitzenden allein ergangen ist. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG weist die Entscheidung dem Einzelrichter als Mitglied des Gerichts zu. Der Kammervorsitzende des Sozialgerichts entscheidet nicht als einzelnes Mitglied der Kammer, sondern als Kammer in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter, denn diese wirken gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht...

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