Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer fiktiven Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Auch im Fall eines durch Annahme eines Anerkenntnisses abgeschlossenen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes sind die Voraussetzungen einer fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG nicht gegeben.

2. Der Wortlaut der Nr. 3 lässt die Auslegung zu, dass Verfahren, die eine mündliche Verhandlung nicht zwingend erfordern und im Regelfall durch Beschluss entschieden werden, einen Anspruch auf die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG nicht auslösen. Anders als in Klageverfahren ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben. Die Beteiligten können eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern. Damit besteht keine Notwendigkeit, eine fiktive Terminsgebühr zu gewähren.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss vom Sozialgericht Duisburg vom 25.01.2008 geändert. Die dem Beschwerdegegner aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 425,43 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Duisburg für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 13.02.2007 hat das SG der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt X beigeordnet. Nach Beendigung des Verfahrens, ohne dass ein Termin stattgefunden hatte, machte der Beschwerdegegner mit Kostenrechnung vom 02.07.2007 folgende Gebühren gegen die Staatskasse geltend:

Einigungs-/Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 Euro

Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG 250,00 Euro

Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro

Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 125,40 Euro

Summe 785,40 Euro

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 05.07.2007 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die Gebühren und Auslagen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 187,50 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 150,00 Euro

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Nettobetrag 357,50 Euro

19% Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 67,93 Euro

Gesamtbetrag 425,43 Euro

Zur Begründung führte sie aus, die Verfahrensgebühr sei wegen der unterdurchschnittlichen Dauer des einstweiligen Anordnungsverfahrens und des unterdurchschnittlichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit in einstweiligen Verfahren lediglich in Höhe einer um 25 % unter der Mittelgebühr liegenden Gebühr angemessen. Der Gebührenrahmen für die Terminsgebühr sei nach den gleichen Kriterien zu bestimmen. Die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr lägen nicht vor.

Hiergegen legte der Beschwerdegegner am 16.07.2007 Erinnerung ein. Die Herabsetzung der Gebühr sei im Hinblick auf die Besonderheiten des einstweiligen Verfahrens nicht gerechtfertigt. Es sei zutreffend von der Mittelgebühr auszugehen.

Das SG hat mit Beschluss vom 25.01.2008 die zu erstattenden Kosten auf 559,30 Euro festgesetzt, die sich wie folgt errechnen:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro

Post u.a. Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Nettobetrag 470,00 Euro

19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 89,30 Euro

Gesamtbetrag 559,30 Euro

Es hat zur Begründung ausgeführt, die vom Beschwerdegegner geltend gemachten Gebührenansätze seien nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG. Zutreffend habe die Urkundsbeamtin die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr nach VV 1002 verneint. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des Beschlusses verwiesen.

Gegen den am 05.02.2008 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 08.02.2008 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 25.01.2008).

Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass eine Terminsgebühr nicht entstanden sei, da eine mündliche Verhandlung in dem Ausgangsverfahren nicht vorgeschrieben sei und auch nicht stattgefunden habe. Die Frage, ob in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei Erledigung durch Anerkenntnis eine fiktive Terminsgebühr nach VV 3106 Nr. 3 RVG entstehe, werde inzwischen von der ganz überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung verneint. Die Höhe der Verfahrensgebühr sei unstreitig. Demzufolge stehe dem Beschwerdegegner ein PKH-Vergütungsanspruch von 321,30 Euro zu.

Der Beschwerdegegner hält die Voraussetzungen einer fiktiven Terminsgebühr nach VV 3106 Nr. 3 RVG für gegeben.

II.

Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und nicht durch den Einzelrichter nach §§ 56 Abs. 1 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1. HS 2 RVG. Die Sache hat zwar insoweit keine grundsätzliche Bedeutung mehr, nachdem der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern das Entstehen der fiktiven Terminsgebühr in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verneint und seine frühere abweichende Auffassung aufgegeben hat (L...

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