Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer

 

Orientierungssatz

1. Eine auf Entschädigung nach § 198 GVG gerichtete Klage setzt eine unangemessene Dauer des gerichtlichen Verfahrens voraus.

2. Die Verzögerungsrüge ist materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für den Entschädigungsanspruch. Nach § 198 Abs. 3 S. 2 GVG kann die Verzögerungsrüge erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Wird die Rüge zur Unzeit erhoben, ist der Anspruch nicht begründet und die Klage abzuweisen.

3. Die Regelung des § 198 GVG begründet in Abs. 4 mit der dort genannten Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer kein subjektives Recht des Betroffenen, sondern eine negative Tatbestandsvoraussetzung, die innerhalb des Entschädigungsanspruchs zu prüfen ist.

4. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten. Hat der Kläger selbst das Verfahren durch sachfremde Anträge verzögert, so ist eine gleichwohl erhobene Anhörungsrüge rechtsmissbräuchlich und zu Lasten des Klägers bei der Festlegung der angemessenen Verfahrensdauer zu berücksichtigen.

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine auf Entschädigung gerichtete Klage nach §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).

Mit Schriftsatz vom 25.09.2013 hat der Kläger eine Entschädigungsklage anhängig gemacht, die sich auf die Dauer eines die Richter Dr. K, Q und G betreffenden Ablehnungsgesuchs bezieht. Dem lag zugrunde, dass der Kläger im Verfahren S 10 AS 77/11 (Sozialgericht (SG) Detmold) am 10.02.2011 Richterin am SG Dr. C abgelehnt hat. Das SG hat das Ablehnungsgesuch mit Streitakten dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zugeleitet. Das Verfahren ist zum Az. L 11 SF 63/11 AB geführt worden. Mit Schriftsatz vom 28.02.2011 hat der Kläger die Richter des 11. Senats (Richter G, X und Dr. Q1) und deren geschäftsplanmäßige Vertreter (Richter Dr. K, G und Q) abgelehnt, da sie mehrfach in strafrechtlich relevanter das Recht gebeugt hätten. Das Befangenheitsgesuch gegen die originären Mitglieder des 11. Senats (Richter G, X und Dr. Q1) haben die nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landessozialgerichts und der internen Geschäftsverteilung des 5. Senats zuständigen Vertreter (Richter Dr. K, Q und Dr. O) mit Beschluss vom 29.03.2012 - L 11 SF 48/12 VE AS - zurückgewiesen. Im fraglichen Beschluss hat der 11. Senat in der Besetzung mit den genannten Richtern des Vertretungssenats überdies ausgeführt:

"Der Senat kann in der sich aus dem Rubrum ergebenden Besetzung über das Ablehnungsgesuch entscheiden, da die Ablehnungsgesuche gegen Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. K und den Richter am Landessozialgericht Q offensichtlich rechtsmissbräuchlich sind. Der Kläger lehnt diese Richter deswegen ab, weil sie in anderen Entscheidungen nicht in seinem Sinn entschieden haben."

Im Beschluss vom 29.03.2012 ist als Beklagter das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, aufgeführt worden. Auf Hinweis des Klägers, es gehe um die Verzögerungsrüge in seinem Rechtsstreit gegen das Jobcenter C, hat der Senat ihn mit Schreiben vom 12.07.2012 zur beabsichtigten Rubrumsberichtigung angehört. Mit Beschluss vom 05.10.2012 wurde das Rubrum durch Vorsitzenden Richter am LSG Dr. K berichtigt. Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 29.03.2012 hat der Senat durch die Richter Dr. K, Q und Dr. O am 11.10.2012 und die gegen den Beschluss vom 05.10.2012 (Rubrumsberichtigung) gerichtete Anhörungsrüge mit Beschluss vom 12.03.2013 - L 11 SF 404/12 AB RG - durch Vorsitzenden Richter am LSG Dr. K verworfen. Mit weiterem Beschluss vom 03.12.2013 hat der Senat in der Besetzung mit den originär zuständigen Richtern G und X sowie Richterin Dr. Q1 das Befangenheitsgesuch des Klägers gegen Richterin am SG Dr. C verworfen. Das Verfahren wurde ausgetragen und die Akten dem SG Detmold zurückgegeben. Am 25.09.2013 hat der Kläger eine Entschädigungsklage nach §§ 198 ff. GVG anhängig gemacht und einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Dieser Schriftsatz ist dem Beklagten zur Kenntnis gegeben worden.

Hinsichtlich des Sachstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte Bezug genommen.

II.

Der Senat ist gemäß § 202 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m § 201 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GVG, beide eingefügt durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24.11.2011 (BGBl. I S 2302) und zuletzt geändert durch das Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06.12.2011 (BG...

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