Rechtskraft: nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arzneimittel – Heilmittel – Hilfsmittel – Lebensmittel – Diät – Diätnahrung – Dickungsmittel – Instant-Dickungsmittel – Quick & Dick – Sonde – Schabeltasse – Schluckstörung – Mikrozephalie –

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Versicherte, die an erheblicher Schluckstörung (Mikrozephalie) leidet, hat keinen Anspruch gegen ihre gesetzliche Krankenkasse auf Versorgung mit dem Instant-Dickungsmittel „Quick & Dick”.

2. Das Instant-Dickungsmittel „Quick & Dick” ist ein Lebensmittel und weder ein Arzneimittel noch ein Heilmittel oder ein Hilfsmittel iSd §§ 31 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs. 1, § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

 

Normenkette

SGB V § 13 Abs. 3, § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 1, § 33 Abs. 1 S. 1; AMG § 2 Abs. 3 Nr. 1; LMG § 1 Abs. 1

 

Beteiligte

Deutsche Angestellten-Krankenkasse

 

Verfahrensgang

SG Hannover (Entscheidung vom 03.08.1999; Aktenzeichen S 11 KR 142/98)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.07.2005; Aktenzeichen B 1 KR 12/03 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 3. August 1999 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nach Rücknahme der Klage im Übrigen über die Kostenerstattung für das Instant-Dickungsmittel „Quick & Dick” ab Bekanntgabe des Bescheides vom 11. Februar 1998.

Die am 12. Juli 1991 geborene Klägerin ist bei der Beklagten familienversichert. Sie leidet unter einer Mikrozephalie, die erhebliche Schluckstörungen zur Folge hat. Sie erhält Leistungen nach Pflegestufe III nach dem Pflegeversicherungsgesetz (Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI –).

Am 21. November 1997 verordnete die Ärztin für Allgemeinmedizin D. auf Kassenvordruck 4 × 225 mg „Quick & Dick” und führte in ihrem Attest vom selben Tag aus, dass die Klägerin durch eine Mikrozephalie an erheblichen Schluckstörungen leide, vor allem bei sehr flüssiger Nahrung. Feste Nahrung nähme sie nicht zu sich. Die Ernährung sei nur mit breiiger Nahrung möglich. Die Klägerin sei dadurch unterernährt und untergewichtig. Eine adäquate Nährstoff- und Vitaminaufnahme sei nicht gewährleistet. Um weitere Fehlernährung abzuwenden, benötige die Klägerin zum Aufnehmen der Nahrung den Zusatz „Quick & Dick”. Hiermit könne die Nahrungsmittelpalette erweitert werden. Der Verordnung sowie dem Attest lag die Produktbeschreibung der Firma Pfrimmer Nutricia GmbH und Co KG über das Produkt „Quick & Dick” bei. Hierbei handelt es sich um ein Instant-Dickungsmittel, welches heißen oder kalten Getränken, Trinknahrungen, Suppen oder pürierten Speisen zugegeben werden kann, um eine festere Konsistenz zu erhalten. Nach Herstellerangabe handelt es sich hierbei um ein diätetisches Lebensmittel u.a. zur besonderen Ernährung bei Schluckstörungen im Rahmen eines Diätplanes.

Die Beklagte zog das Gutachten nach Aktenlage der Kinderärztin E. Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) Niedersachsen, vom 21. Januar 1998 bei. Frau Dr. F. führte aus, dass es sich bei dem Dickungsmittel um ein diätetisches Lebensmittel handele, welches nach den Arzneimittel-Richtlinien von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sei. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf Gewährung des Instant-Dickungsmittels mit Bescheid vom 11. Februar 1998 ab: Lebensmittel besonderer Beschaffenheit, die anstelle gewöhnlicher Lebensmittel verwendet würden, seien weder Arznei- noch Heilmittel im Sinne des SGB V.

Dagegen legte die Mutter der Klägerin als deren gesetzliche Vertreterin fristgerecht Widerspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, dass es sich bei dem begehrten Instant-Dickungsmittel weder um ein Arznei- noch um ein Heilmittel, sondern um ein Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Das Produkt ermögliche, der Versicherten gewöhnliche Nahrungsmittel und insbesondere Flüssigkeiten zuzuführen, es werde gerade nicht als Nahrungsmittel verwendet. Diese würden auf eigene Rechnung beschafft, wofür keine Kostenübernahme beantragt worden sei. Die Klägerin könne infolge ihrer schweren Mehrfachschädigung weder saugen noch ihren Mund schließen, weshalb die Flüssigkeitszufuhr, die auf Grund massiver Verdauungsprobleme ohnehin erhöht sei, ein großes Problem darstelle. Mit dem Instant-Dickungsmittel könnten sowohl kalte als auch warme Flüssigkeiten angedickt werden. Bei der Klägerin stünde der Einsatz einer Ernährungssonde im Raum, um die lebensnotwendige Flüssigkeitszufuhr sicherzustellen. Hierdurch würde die Klägerin nur unnötig beansprucht. Zudem stünden den Kosten für das Instant-Dickungsmittel iHv 113,70 DM/Monat Mehrkosten für die Sondenernährung in Höhe von ca 1.306,80 DM/Monat gegenüber. Die Mutter der Klägerin hat sich im Übrigen auf die vorgelegte Aufstellung des Ernährungsberaters G. vom 29. Juni 1998 und auf das Schreiben des Landkreises Hannover-Gesundheitsamt – vom 19. Dezember 1997 berufen.

Den Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss bei der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 1998 unter Berufung auf das Urteil des Bu...

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