Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine Prämie für einen Verbesserungsvorschlag beitragspflichtiges Arbeitsentgelt ist.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Prämie für einen Verbesserungsvorschlag beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstellt.

Der Kläger ist seit 1. August 1972 Mitglied der beklagten Krankenkasse. Er stand seit 18. Februar 1989 in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen. Am 12. Dezember 1989 reichte er bei der Abteilung Vorschlagwesen der Volkswagen (VW)-AG einen Verbesserungsvorschlag ein. Sein Verbesserungsvorschlag "Filter nur mit einem Verschluß-Stopfen" wurde von der Kommission der Volkswagen-AG positiv beurteilt und es wurde ihm mit Schreiben vom 14. August 1992 eine Prämie in Höhe von 15.296,-- DM zugesagt. Die Auszahlung erfolgte über die Beigeladene im September 1992, wobei für die Prämie Sozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) abgeführt wurden.

Im Rahmen seiner Steuererklärung hat der Kläger die Prämie als Einnahme aus selbständiger Tätigkeit erklärt. Das zuständige Finanzamt S. hatte die entsprechenden Werbungskosten in Abzug gebracht und die Prämie als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Jahressteuerbescheid 1992 behandelt (vgl Einkommensteuerbescheid des Jahres 1992 41/138/02652).

Im Hinblick auf die steuerrechtliche Behandlung der Prämie bat der Kläger mit Schreiben vom 14. August 1993 an die Beklagte um Überprüfung der beitragsrechtlichen Beurteilung der Prämie. Die Beklagte hielt an ihrer bisherigen Beurteilung fest, wonach die Prämie unabhängig von der steuerlichen Behandlung als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt für die Beitragsberechnung heranzuziehen sei. Der Kläger wies darauf hin, daß sein Verbesserungsvorschlag in selbständiger Arbeit bei der VW-AG eingereicht worden sei und nicht über seinen Arbeitgeber, die beigeladene Firma F. & M. GmbH & CO KG. Die Beigeladene habe seinen Antrag auch nicht bearbeitet und weitergereicht. Er schreibe die Verbesserungsvorschläge an die VW-AG selbständig. Die typischen Merkmale einer selbständigen Tätigkeit, wie freie Wahl der Arbeitszeit, freie Wahl des Arbeitsortes, Einsatz des eigenen Kapitals, eigenes Risiko und ungewisser finanzieller Erfolg, seien gegeben. Der Beigeladenen seien durch den Verbesserungsvorschlag keine finanzielle Vorteile entstanden. Es seien lediglich bestehende Kontoverbindungen für den Geldtransfer genutzt worden. Die Beigeladene gehöre nicht zur VW-AG wie zB Audi, Seat, Skoda oder die VAG-Bank, sondern sie sei ein eigenständiges Unternehmen im Privatbesitz.

Die Beklagte hat die Prämie für den Verbesserungsvorschlag mit Bescheid vom 22. September 1993 weiterhin als sozialversicherungspflichtiges Entgelt beurteilt. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Der Widerspruchsausschuß der Beklagten wies diesen mit Bescheid vom 4. Februar 1994 als unbegründet zurück. Der vom Kläger sinngemäß gestellte Antrag auf Beitragserstattung der Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung sei nicht begründet, denn die Prämie für den Verbesserungsvorschlag unterliege als Arbeitsentgelt in voller Höhe der Beitragspflicht zur Gesamtsozialversicherung. Abzustellen sei auf die Vorschrift des § 14 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV -. Der dort angeführte Begriff des Arbeitsentgelts sei umfassend und erfasse alle Einnahmen, die dem Beschäftigten im ursächlichen Zusammenhang mit einer Beschäftigung zuflössen. Es komme nicht darauf an, ob sie vom Arbeitgeber selbst oder aufgrund der Beschäftigung von Dritten gewährt würden. Die Anwendung dieser Kriterien ergebe, daß die Prämie für den Verbesserungsvorschlag beitragspflichtiges Arbeitsentgelt sei. Bereits die Formulierung in dem Prämierungsschreiben der Volkswagen-AG vom 14. August 1992, die dem Kläger die Prämie in seiner Eigenschaft als "Mitarbeiter der V.A.G.-Organisation" zuerkenne, belege, daß dem Kläger die Prämie ua gewährt worden sei, weil er Beschäftigter eines Mitgliedsunternehmens der V.A.G.-Organisation sei. Der ursächliche Zusammenhang mit einer Beschäftigung, in deren Rahmen dem Kläger die Einnahmen aus der Prämie zugeflossen seien, sei offensichtlich. Im übrigen bestünden Zweifel an der steuerrechtlichen Behandlung der Prämie durch das Finanzamt.

Der Kläger hat am 3. März 1994 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben. Zur Begründung hat er ua vorgetragen, zwischen ihm und der VW-AG bestehe kein Arbeitsverhältnis. Es bestehe auch kein Rechtsverhältnis, das einem Arbeitsvertrag ähnlich sei. Der Vorschlag sei auch nicht durch die Beigeladene prämiert worden, sondern durch die VW-AG, die die Zahlung direkt an ihn vorgenommen habe. Er habe die Vorbereitungen zur Erstellung des Verbesserungsvorschlages nicht während der Arbeitszeit einrichten können. Darin hätte der Beigeladenen auch nicht gelegen sein können, denn sie habe keinen Vorteil aus dem Verbesserungsvorschlag des Klägers ziehen können.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 11. September 1995 abgewies...

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