Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeitsrente. Hinzuverdienstgrenzen. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Werden die Hinzuverdienstgrenzen des § 96a Abs. 2 SGB VI (i. d. F. des Gesetzes vom 15.12.1995, BGBl. I 1824) in mehr als zwei Kalendermonaten überschritten, hat der Rentenversicherungsträger mangels anderweitiger gesetzlicher Vorgaben und unter Berücksichtigung des Grundsatzes des § 2 Abs. 2 SGB I bei der (dann regelmäßig erst am Ende eines Kalenderjahres möglichen) abschließenden Berechnung der Rentenzahlbeträge in Anwendung des Günstigkeitsprinzips für diejenigen zwei Monate die Ausnahmeregelung des § 96 a Abs. 1 S. 2 2. Halbsatz heranzuziehen, in denen sich daraus für den Rentenbezieher die größtmögliche Anrechnungsfreiheit ergibt.

 

Orientierungssatz

Die Hinzuverdienstgrenzen, nach deren Überschreiten eine BU-Rente als 2/3-Rente, 1/3-Rente oder überhaupt nicht zu leisten ist, sind im Regelfall auch in ihrer Ausgestaltung im Einzelnen mit dem Grundgesetz vereinbar (Anschluss an BSG vom 28.4.2004 - B 5 RJ 60/03 R = SozR 4-2600 § 313 Nr 3).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.02.2007; Aktenzeichen B 8 KN 3/06 R)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. April 2003 wird geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1999 und des Änderungsbescheides vom 16. Dezember 1999 wird aufgehoben, soweit der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der Rente wegen Berufsunfähigkeit für die Monate Juli 1997 und Juli 1999 gekürzt worden ist und soweit dem Kläger eine Rückerstattung in Höhe von mehr als 6.366,69 DM auferlegt worden ist.

Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen zur Hälfte; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen Kürzungen der ihm zuerkannten Rente wegen Berufsunfähigkeit aufgrund der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen.

Mit Rentenbescheid vom 22. April 1997 gewährte die Beklagte dem 1948 geborenen Kläger mit Wirkung vom 01. April 1996 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bei Ausübung der knappschaftlich versicherten Beschäftigung.

In diesem Bescheid wies die Beklagte den Kläger insbesondere auf folgendes hin: "Liegt bei Aufnahme bzw Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit weiterhin Berufsunfähigkeit vor, wird die Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht oder in verminderter Höhe geleistet, sofern die Hinzuverdienstgrenze durch Erwerbseinkommen aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit überschritten wird." Nach näherer Erläuterung der Berechnungsfaktoren führte die Beklagte weiter aus: "Die Hinzuverdienstgrenze bei Beginn der laufenden Rentenzahlung beträgt für Beschäftigte in einem der alten Bundesländer oder im Ausland für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit

- in voller Höhe

2.587,14 DM

- in Höhe von zwei Dritteln

3.449,52 DM

- in Höhe von einem Drittel

4.311,90 DM."

Im letzten Kalenderjahr vor Eintritt der Berufsunfähigkeit, d.h. im Jahr 1995, hatte der Kläger insgesamt 1,0559 Entgeltpunkte erzielt.

Aus dem weiterhin zunächst bei der Preussag Stahl AG und nachfolgend bei der Personal-, Produktions- und Servicegesellschaft mbH (PPS) bestehenden Arbeitsverhältnis bezog der seinerzeit arbeitsunfähige Kläger in den ersten vier Monaten des Jahres 1997 kein Arbeitsentgelt (Bl. 94 R VV).

In der Folgezeit erhielt er jeweils folgende Arbeitsentgelte:

Blatt der Verw.vorg.

Monat

Brutto-Arbeitsentgelt in DM

102 R

05/97

1.562,90

06/97

2.886,26

07/97

2.886,26

08/97

2.886,26

09/97

2.886,26

10/97

3.056,26

11/97

6.171,20

12/97

3.056,26

1/98

3.053,76

2/98

3.051,00

3/98

2.954,00

4/98

2.954,00

5/98

2.954,00

6/98

2.954,00

7/98

2.897,45

197 R

8/98

2.954,00

9/98

7.006,21

10/98

2.954,00

11/98

6.132,47

12/98

3.548,00

1/99

2.954,00

2/99

2.954,00

213 R

3/99

3.121,00

4/99

3.121,00

5/99

2.918,00

6/99

2.738,00

7/99

2.738,00

8/99

2.738,00

9/99

2.738,00

242 R

10/99

2.670,00

11/99

4.851,96

Die höheren Zahlungen in den Monaten 11/97, 11/98 und 11/99 waren jeweils durch die Gewährung einer Sonderzahlung bedingt; im September 1998 bezog der Kläger ein Jubiläumsgeld in Höhe von 3.800 DM.

Die Beklagte gewährte dem Kläger die Berufsunfähigkeitsrente zunächst in voller Höhe. Dies entsprach einem Zahlbetrag - nach Abzug des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrages - von monatlich 1238,19 DM für die Monate Juli 1996 bis Juni 1997, 1254,53 DM für die Monate Juli 1997 bis Juni 1998 und 1256,67 DM für die Monate Juli 1998 bis Juni 1999.

Nach vorheriger Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 09. Oktober 1998 ihren Rentenbescheid vom 22. April 1997 hinsichtlich der Rentenhöhe gestützt auf § 48 Abs. 1 SGB X auf und machte einen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 7.225,10 DM geltend. Die Beklagte wies darauf hin, dass die Rente ab dem 01. Juni 1997 unter Berücksichtigung des vom Kläger erzielten Arbeitsentgelts nur in Höhe von 2/3 zu leisten sei u...

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