Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Beitragshöhe. Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids. Umlagejahr 2013. neuer bundeseinheitlicher Beitragsmaßstab. keine Berücksichtigung der tatsächlichen Unfalllast des individuellen Unternehmens oder regionaler Aspekte. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Zur Rechtmäßigkeit eines Beitragsbescheids der Landwirtschaftlichen BG Niedersachsen Bremen für das Umlagejahr 2013, in dem erstmalig der von der Selbstverwaltung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) beschlossene bundeseinheitliche Beitragsmaßstab angewandt wurde, mit dessen Einführung stärker als in der Vergangenheit nach Risikogruppen und Produktionsverfahren - ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Unfalllast des individuellen Unternehmens oder der regionalen Aspekte - differenziert wird.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.11.2019; Aktenzeichen B 2 U 29/17 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 27. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 287,48 Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe des Beitrags zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung für das Jahr 2013.

Der Kläger ist Eigentümer einer Waldfläche von insgesamt 18,62 ha. Seit 1976 werden alle forstlichen Arbeiten über die Forstbetriebsgemeinschaft von Fachunternehmen erledigt.

Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG) Niedersachsen-Bremen setzte Beiträge bis 2012 wie folgt fest:

2008 Beitragsbescheid vom 14. Februar 2009: 212,80 Euro

2009 Beitragsbescheid vom 12. Februar 2010: 212,80 Euro

2010 Beitragsbescheid vom 15. Februar 2011: 228,80 Euro

2011 Beitragsbescheid vom 16. Februar 2012: 236,80 Euro

2012 Beitragsbescheid vom 30. Januar 2013: 238,40 Euro

Zum 1. Januar 2013 wurde die „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)“ aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) vom 12. April 2012 errichtet. Die ehemaligen acht landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (BG), die Gartenbau-Berufsgenossenschaft und der Spitzenverband der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung wurden zum 1. Januar 2013 in die SVLFG als bundesunmittelbare Körperschaft des Öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (Bundesträger) eingegliedert.

Bis zum 31. Dezember 2012 bestanden zwischen den verschiedenen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften für Unternehmen mit vergleichbaren Betriebsstrukturen erhebliche regionale Unterschiede in der Beitragsgestaltung. Ab dem Umlagejahr 2013 galt anstelle der bisherigen regionalen Beitragsmaßstäbe erstmals der von der Selbstverwaltung der SVLFG beschlossene bundeseinheitliche Beitragsmaßstab.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 11. April 2014 den Beitrag des Klägers für das Jahr 2013 auf 287,48 Euro fest. In der Anlage zum Beitragsbescheid vom 11. April 2014 wurden die Berechnungsgrundlagen erläutert (Risikogruppenbeitrag: Menge 18,62 HA, BER je Einheit: 0,3470; BER PV: 6,4612, Hebesatz: 6,48: Risikogruppenfaktor: 9,55 = Beitrag in Euro: 399,84 Euro) (Grundbetrag: 60 Euro + Risikobeitrag 399,84 Euro = 459,84 Euro abzüglich Bundesmittel 98,87 Euro = 360,97 Euro; Angleichungssatzes nach der Übergangsvorschrift für das Umlagejahr 2013: 82,5312 vH, abzüglich der Senkung aus Sondervermögen = Zahlbetrag: 287,48 Euro).

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er für 2012 einen Unfallversicherungsbeitrag von 236,80 Euro ohne Zuschüsse aus Bundesmitteln und Sondervermögen bezahlt habe, für 2017 werde er ohne unsichere Zuschüsse aus Bundesmitteln und Sondervermögen 459,84 Euro, d.h. 194% und damit fast doppelt so viel bezahlen. Die Umstellung auf einen bundeseinheitlichen Bewertungsmaßstab könne diese exorbitante Beitragserhöhung nicht erklären. Als Waldeigentümer seien alle fortwirtschaftlichen Arbeiten über die Forstbetriebsgemeinschaft von Fachunternehmen erledigt worden, Unfälle habe es nicht gegeben. Produktionsfaktoren würden nicht hinreichend differenziert berücksichtigt. Die Verdoppelung des Beitrages sei völlig unangemessen und nicht hinnehmbar. Durch die gemeinsame Veranlagung von Mitgliedsflächen in Forstbetriebsgemeinschaften solle der Grundbetrag gesenkt werden. Die Umstellung auf bundeseinheitliche statt regionaler Regelungen lasse den Schluss zu, dass Quersubventionierungen erfolgten, weil Produktionsfaktoren nicht hinreichend differenziert berücksichtigt würden. Der Risikobeitrag müsse wesentlich differenzierter berechnet und festgelegt werden. Es blieben Baumarten, naturräumliche und standörtliche Bedingungen unberücksichtigt. Die mangelhafte Differenzierung des Produktionsverfahrens führe zu einem Beitrag, der mit sonstigen Pflichtabgaben und Steuern auf Dauer nicht mehr zu erwirtschaften sei. Die derzeitige Beitragsberechnung werde nicht den Vorgaben des Gesetzgebers und dem ...

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