Verfahrensgang

SG Hannover (Urteil vom 23.08.2002; Aktenzeichen S 9 AL 862/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden dasUrteil des Sozialgerichts Hannover vom23. August 2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 1999 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 23. September 1999 aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt einen Eingliederungszuschuss bei erschwerter Vermittlung für den Arbeitnehmer G. H., den sie seit dem 1. Juli 1999 beschäftigt hat.

Die Klägerin betreibt ua mit einer Betriebsabteilung Straßenreinigung. Mit einem am 15. Juni 1999 bei der Beklagten eingegangenen schriftlichen Antrag begehrte sie die Gewährung eines Eingliederungszuschusses bei erschwerter Vermittlung für den Arbeitnehmer G. H.. Dessen Arbeitsaufnahme erfolgte am 1. Juli 1999. Er schied nach ca. zwei Jahren auf eigenen Wunsch aus der Firma aus. Er ist bei einem anderen Betrieb der Straßenreinigung tätig. Der Arbeitnehmer wurde in der Betriebsabteilung Straßenreinigung als Kehrmaschinenfahrer eingestellt. Der Arbeitsvertrag wurde am 11. Juni 1999 vom Arbeitgeber, am 13. Juni vom Arbeitnehmer unterschrieben. Nach interner Prüfung der Beklagten lagen die Bewilligungsvoraussetzungen in der Person des Arbeitnehmers vor.

Mit Bescheid vom 8. Juli 1999 wurde der Antrag auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses bei erschwerter Vermittlung für den Arbeitnehmer G. H. abgelehnt. Eingliederungszuschüsse würden auf Antrag gewährt. Dabei sei der Antrag vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses zu stellen. Leistungsbegründendes Ereignis sei der Tag des Abschlusses des Arbeitsvertrages, spätestens der Tag der Arbeitsaufnahme, soweit zu diesem Zeitpunkt noch kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei. Der Antrag auf Gewährung des Eingliederungszuschusses sei am 15. Juni 1999 beim Arbeitsamt gestellt worden; der Arbeitsvertrag sei bereits am 13. Juni 1999 abgeschlossen. Der Antrag sei daher verspätet gestellt worden.

Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, dass in der Zeit vom 10. bis 11. Juni 1999 vergeblich versucht worden sei, telefonisch einen Antrag beim Arbeitsamt anzufordern. Erst parallel mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages am 15. Juni 1999, irrtümlich trage der Vertrag das Datum von Sonntag, den 13. Juni 1999, habe der Antrag telefonisch beim Arbeitsamt angefordert werden können. Sie – die Klägerin – sei bereit, dem Arbeitnehmer dauerhaft ein langfristiges Arbeitsverhältnis zu sichern. Aufgrund seiner überdurchschnittlichen Motivation nach über 2-jähriger Arbeitslosigkeit endlich wieder einen Arbeitsplatz zu erhalten, sei der Arbeitnehmer trotz zahlreicher anderer Bewerber mit gleichen Voraussetzungen – Arbeitslosigkeit länger als 2 Jahre – für geeignet gehalten worden. Vor diesem Hintergrund sei die Klägerin gutgläubig davon ausgegangen, dass der Antrag vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt worden sei. Mit Wiederspruchsbescheid vom 23. September 1999 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Darin wurde noch ausgeführt, dass die Antragstellung verspätet erfolgt sei. Eine unbillige Härte im Sinne von § 324 Abs 1 Satz 2 SGB III liege ebenfalls nicht vor.

Die Klägerin hat am 11. Oktober 1999 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie einen formlosen Antrag beim Arbeitsamt I. vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt habe. Der Arbeitnehmer zähle zweifelsfrei zu dem Personenkreis mit erschwerter Vermittlung. Diese Information habe sie – die Klägerin – fernmündlich am 9. und 10. Juni 1999 vom Arbeitsamt I. erhalten. Bei diesem Arbeitsamt sei der Arbeitnehmer seinerzeit gemeldet gewesen. Fernmündlich sei am 9. Juni 1999 beim Arbeitsamt I. um Zusendung eines Antrages auf Eingliederungszuschuss gebeten worden. Kernaussage des Arbeitsvermittlers sei gewesen, dass das Arbeitsamt I. die Gewährung eines Eingliederungszuschusses unterstützen und positiv bescheiden würde. Wegen des Firmensitzes in J. sei man an das Arbeitsamt J. verwiesen worden. Dort sei am 11. Juni 1999 den ganzen Tag vergeblich versucht worden, fernmündlich jemanden zu erreichen. Daraufhin sei das Anliegen mit Schreiben vom 14. Juni 1999 unterbreitet worden. Im Vertrauen auf die Auskunft des Arbeitsamtes I. sei der Arbeitsvertrag am 11. Juni 1999 ausgestellt und dem Arbeitnehmer zugesandt worden, obwohl aufgrund des geplanten Beschäftigungsbeginns am 1. Juli 1999 keine Eile vorgelegen habe. Die Einstellung des Arbeitnehmers sei daher mit vorheriger mündlicher Zustimmung des Arbeitsamtes erfolgt. Die Beklagte hat eingewandt, dass eine frühere Antragstellung als die schriftliche nicht nachgewiesen sei. Der Antrag sei daher verspätet gestellt worden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom ...

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