Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Nicht nur für ehrenamtlich Tätige, sondern auch für hauptamtlich Beschäftigte, die in Einrichtungen zur Hilfe bei Unglücksfällen tätig sind, sind gemäß § 185 Abs 2 Satz 1 iVm § 128 Abs 1 Nr 6 SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung Beiträge nicht zu erheben.

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der  Streitwert wird auf 2.074,- Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Beitragsbescheid des Beklagten für das Umlagejahr 2011, mit dem für die hauptamtlichen Mitarbeiter im Bereich des Rettungsdienstes  Beiträge zur Unfallversicherung erhoben werden.

Die Klägerin betreibt ein Rettungsdienstunternehmen, das Rettungsdienstleistungen im Stadtgebiet H. erbringt. Seit dem Jahr 2003 bestand ein grundsätzlicher Streit in Bezug auf die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers zwischen Hilfeleistungsunternehmen und Wohlfahrtsverbänden auf der einen und dem Beklagten sowie der Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege (BGW) auf der anderen Seite. Zur Erarbeitung einer einvernehmlichen Lösung fanden mehrere Gesprächsrunden mit dem Beklagten statt. Am 21. Dezember 2006 schlossen die Beteiligten einen Vergleich zur Erledigung der Auseinandersetzungen um die Zuständigkeit für den ASB-Landesverband Niedersachsen eV.  Dort heißt es in:

Ziffer 1

Ab dem 1. Januar 2006  sind die örtlich zuständigen Gemeinde-Unfallversicherungsverbände in Niedersachsen zuständig für die im Bereich der Hilfeleistung (zB Rettungsdienst, Katastrophenschutz) tätigen Personen des ASB Landesverbandes Niedersachsen eV.

Ziffer 3

In der Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitswesen (BGW) verbleiben die ASB gemeinnützige Heimbetriebsgesellschaft mbH Barsinghausen, die ASB gemeinnützige Heimbetriebsgesellschaft mbH Rodenberg sowie bezüglich des ASB Landesverbanden Niedersachen eV die nicht zur Hilfeleistung zählenden Bereiche (zB soziale Dienste).

Am 17. November 2006 schlossen die Beteiligten  eine Nebenabrede zum Vergleich:

“ Zur Erledigung der Auseinandersetzungen um die Zuständigkeit für die ASB Rettungsdienst gGmbH und die ASB gemeinnützige Gesellschaft für Sozialdienste und Krankentransporte schließen die Obengenannten mit dem GUV H. folgende Nebenabrede:

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Gemeinde-Unfallversicherungsverband Hannover - zuständiger Unfallversicherungsträger für die ASB Rettungsdienst gGmbH und die ASB gemeinnützige Gesellschaft für Sozialdienste und Krankentransporte - für das Jahr 2005 den halben Beitrag, ab 2006 den vollen Beitrag erhebt.„

Im Dezember 2009 wurde die Vereinbarung über die Anwendung eines gemeinsamen Auslegungskatalogs zur Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der öffentlichen und gewerblichen Unfallversicherung für die Einrichtungen von Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst geschlossen für die Zeit ab 1. Oktober 2010. Dort wird die Zuständigkeit des Beklagten für den Katastrophenschutz (Ziffer 4.1) sowie den Rettungs- und Sanitätsdienst (Ziffer 4.2) geregelt. Im Rundschreiben des DGUV 006/2010 vom 5. Januar 2010 zum gemeinsamen Auslegungskatalog mit der Johanniter-Unfall-Hilfe eV und dem Malteser Hilfsdienst eV wurde mitgeteilt, dass sich das Bundessozialgericht (BSG)  in seinem Urteil vom 28. November 2006 (B 2 U 33/05 R) mit der Abgrenzung der Zuständigkeiten für Unternehmen der Wohlfahrtspflege einerseits und Einrichtungen zur Hilfe bei Unglücksfällen (“Hilfeleistungsunternehmen„) andererseits auseinander gesetzt habe. Zur Umsetzung der Vorgaben des Bundessozialgerichts und zur Sicherstellung einer bundeseinheitlichen Rechtsanwendung hätten sich die Vertreter der betroffenen Unfallversicherungsträger sowie der maßgeblichen Wohlfahrtsorganisationen auf einen gemeinsamen Auslegungskatalog zur Zuständigkeitsabgrenzung und deren Umsetzung (Anlage) verständigt.

Mit Beitragsbescheid vom 21. März 2011 setzte der Beklagte für das Umlagejahr 2011 einen Beitrag iHv 2.073, 80 Euro auf Grundlage einer Versichertenzahl von 20 zu einem Beitragssatz iHv 103,69 fest. Mit ihrem Widerspruch wandte die Klägerin ein, bei den zur Unfallversicherung gemeldeten Beschäftigten handele es sich ausschließlich um Mitarbeiter der Notfallrettung und im qualifizierten Krankentransport. Diese Mitarbeiter würden sämtlich im öffentlichen Auftrag nach § 5 ff NRettDG tätig. Es bestehe  ein öffentliches Interesse an dieser Tätigkeit, weshalb der Gesetzgeber vorsehe, dass insoweit ein kostenloser Unfallversicherungsschutz durch die öffentliche Hand gewährleistet werde. Dementsprechend seien gemäß § 185 Abs 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) für diese Mitarbeiter keine Beiträge zu zahlen. Diese Rechtsauffassung habe das BSG in seinem obiter dictum im Rahmen seiner Entscheidung vom 28. November 2006 (B 2 U 33/05 R) bestätigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. A...

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