Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Versicherungspflicht selbständig Tätiger für nur einen Auftraggeber

 

Orientierungssatz

Für einen Auftraggeber iS von § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 ist der Selbstständige tätig, wenn er von diesem wirtschaftlich abhängig ist und entweder den deutlich überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit für diesen Auftraggeber aufwendet (zeitbezogene Betrachtung) oder mehr als 50% seines Gesamteinkommens oder sogar 5/6 dieses Einkommens aus der Tätigkeit für diesen Auftraggeber erzielt (einkommensbezogene Betrachtung).

 

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die von der Beklagten getroffene Feststellung seiner Versicherungs- und Beitragspflicht als selbstständiger Handelsvertreter mit nur einem Auftraggeber gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Nach einer Betriebsprüfung durch die zuständige Landesversicherungsanstalt W bekam die Beklagte von dort im Dezember 2000 die Mitteilung, dass der im Jahre 1969 geborene Kläger neben mindestens neun weiteren Personen für die Firma Q W F GmbH u. Co KG als selbstständiger Handelsvertreter tätig sei und deshalb der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI unterfallen könne. Die Beklagte forderte den Kläger zur Stellungnahme auf und übersandte ihm den Vordruck-Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige. Der Kläger reagierte trotz Erinnerung nicht.

Sodann erließ die Beklagte den Bescheid vom 27. Juni 2001, mit dem sie die Versicherungspflicht des Klägers gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI feststellte und für die Zeit vom Januar 1999 bis zum Juni 2001 den Regelbeitrag in Höhe von monatlich 855,68 DM mit einer Gesamtsumme von 25.935,- DM festsetzte.

Der Kläger erhob "Einspruch" und übersandte den ausgefüllten Vordruck-Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige. Darin gab er an, dass er mit der Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen befasst sei und dabei neue Kunden zu werben, zu beraten und ihnen Versicherungs- und Bausparprodukte zu verkaufen habe. Er sei mehr als 15 Stunden wöchentlich tätig, beschäftige keinen Arbeitnehmer und trage alle Betriebskosten für Arbeitszimmer, Kfz, EDV, Telekommunikation und Werbung selbst. Er sei nicht für einen, sondern für mehrere Auftraggeber tätig, und zwar für die Firmen

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WWK

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Volkswohlbund

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Vorsorge

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G       

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HDI

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A L

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B       

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R-U

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D H.

Die Beklagte stellte die Fristversäumnis des Widerspruchs fest, machte sie nicht geltend und forderte den Kläger zur Übersendung der mit den mehreren Auftraggebern geschlossenen Handelsvertreterverträge auf.

Nachdem sich der Kläger trotz Erinnerung nicht meldete, erließ die Beklagte den weiteren Bescheid vom 27. November 2001, mit dem sie die Beitragspflicht des Klägers um die Monate Juli bis September 2001 erweiterte, Säumniszuschläge für die Zeit seit Januar 1999 feststellte und die Gesamtforderung auf 34.491,72 DM = 17.635,30 EUR festsetzte.

Nachdem sich der Kläger nicht mehr gemeldet hatte, erließ die Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 10. April 2002, mit dem sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. Juni 2001 mit der Begründung zurückwies, dass der Kläger seine Mitwirkungspflicht verletzt und trotz mehrfacher Aufforderungen und Erinnerungen keine Beweismittel vorgelegt habe, die eine fehlerhafte Beurteilung der Sach- und Rechtslage begründen könnten.

Gegen den am 27. Mai 2002 laut Aktenvermerk von der Beklagten als Einschreiben zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 27. Juni 2002 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und zur Begründung die Ansicht vertreten, dass er seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt habe. Denn er habe nach seinem "Einspruch" keine Schreiben der Beklagten mehr bekommen. Nachdem der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung durch das SG keine ergänzenden Angaben gemacht hatte, hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. März 2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass mangels Klagbegründung und nach Aktenlage keine Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 27. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2002 zu erkennen sei.

Gegen den ihm am 12. März 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 10. April 2004 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, er habe alle Verträge der Beklagten vorgelegt, und zwar ohne von ihr dazu aufgefordert worden zu sein. Er könne dies allerdings nicht belegen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 5. März 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2002 aufzuheben

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide als zutreffend und bezieht sich zur Begründung auf den Gerichtsbescheid des SG. Ergänzend weist sie darauf hin, der Kläger habe zwischenzeitlich am 13. April 20...

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