Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Beitragspflicht. Unternehmereigenschaft iSv § 136 Abs 3 Nr 1 SGB 7. nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten. Grundstückseigentümer. Inhaber eines Dauerwohnrechts

 

Orientierungssatz

Auch die Eltern als Grundstückseigentümer sind bei nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten (hier: Umbau eines Einfamilienhauses) als (Mit)Unternehmer iS von § 136 Abs 3 Nr 1 SGB 7 beitragspflichtig, auch wenn die Bauarbeiten allein von den Kindern finanziert und "durchgeführt" wurden und diesen nach Fertigstellung ein Dauerwohnrecht an der neuen Wohnung eingeräumt worden ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.02.2008; Aktenzeichen B 2 U 3/07 R)

 

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung, wer Bauherr (Unternehmer) eines Bauvorhabens ist.

Die Klägerin zu 2. ist die Ehefrau des Klägers zu 1. und die Tochter der mit Beschluss vom 7. Februar 2006 beigeladenen Eheleute B und M T. Letztere sind Eigentümer des Grundstücks Am B, V (Landkreis V), das mit einem Einfamilienhaus bebaut war. Der Landkreis V erteilte den Klägern auf ihren Antrag vom 18. September 2000 am 12. Oktober 2000 eine Baugenehmigung für den Umbau und die Erweiterung eines Einfamilienhauses zu einem Zweifamilienhaus sowie den Neubau einer Garage mit Geräteraum. Die Baugenehmigungsbehörde setzte die Beklagte von der erteilten Baugenehmigung in Kenntnis.

Das Bauvorhaben wurde in der Zeit von November 2000 bis Mai 2001 durchgeführt. Am 21. Februar 2001 erlitt der Vater der Klägerin zu 2., B T, bei der Ausführung von Bauarbeiten einen Unfall, bei dem er sich einen Fersen-, Waden- und Schienbeinbruch zuzog.

Die Kläger übersandten der Beklagten den Eigenbaunachweis vom 2. April 2001 und gaben darin an, B T N T (Bruder der Klägerin zu 2.) und A S (Vater des Klägers zu 1.) hätten 125, 100 bzw. 80 Arbeitsstunden geleistet.

Mit Bescheid vom 12. April 2001 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass die Beigeladenen Eigentümer und daher als Mitbauherrin/Mitbauherr des Bauvorhabens anzuerkennen seien. Ferner erteilte sie einen Beitragsbescheid für das Jahr 2000 in Höhe von 485,79 DM, in dem sie die Arbeitsstunden des Vaters der Klägerin zu 2. nicht berücksichtigte.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 23. April 2001 Widerspruch ein. - Mit notariellem Vertrag vom 18. Oktober 2001 bestellten die Beigeladenen der Klägerin zu 2. an ihrem Grundstück ein Dauerwohnrecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG), das zum Gegenstand die im Jahr 2001 bezugsfertig gewordene Wohnung in dem Wohngebäude hat.

Mit ihrem Widerspruch machten die Kläger geltend, im Gegensatz zu der Auffassung der Beklagten seien die Beigeladenen nicht Mitbauherren des Bauvorhabens gewesen. Die gesamte Finanzierung des Bauvorhabens hätten allein sie, die Kläger, durchgeführt. Die zweite Wohneinheit, die auf dem Grundstück entstanden sei, habe ausschließlich ihnen zum Wohnen dienen sollen. Daher sei auch die Baugenehmigung ihnen und nicht den Beigeladenen erteilt worden. Es handele sich um eine abgeschlossene Wohnung unter Ausschluss eines Nutzungsrechts der Beigeladenen. Nach dem von der Beklagten übersandten "Merkblatt für Bauherren über die gesetzliche Unfallversicherung der bei Bauarbeiten beschäftigten Personen" laute die Definition des Bauherrn auch wie folgt: "Bauherr ist in der Regel derjenige, dem die Baugenehmigung erteilt wird, und/oder der im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks eingetragen ist".

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, beitragspflichtig seien die Unternehmer, für deren Unternehmen Versicherte tätig seien oder zu denen Versicherte in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stünden. Die Frage, wer Bauherr und damit Unternehmer sei, beantworte sich aus der Legaldefinition des § 136 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII). Demnach sei Unternehmer derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereiche. Es sei also nicht derjenige, der schließlich das Ergebnis der Arbeiten nutze, also nur mittelbar am Nutzen des Unternehmens beteiligt sei. Da die Beigeladenen Eigentümer des Grundstücks seien, seien sie Bauherren im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Die mögliche Wertsteigerung des Objekts, die durch die ausgeführten Arbeiten entstehen könne, gereiche ihnen unmittelbar zum Vorteil. Verfügungsgewalt über das Eigentum hätten ausschließlich die Beigeladenen, für die Kläger ergäben sich nur Rechte hinsichtlich des Dauerwohnrechts. Ihre, der Beklagten, Zuständigkeit erstrecke sich auf Unternehmer und Unternehmen "nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten". Als letztere gälten sämtliche im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben ausgeführten Tätigkeiten, sofern sie nicht von gewerbsmäßigen Unternehmen des Baugewerbes ausgeführt würden. Der Versicherungspflicht unterlägen bei der Ausführung nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten in der Regel alle mithelfenden Familienangehörigen, Verwandten, Nachbarn un...

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