Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistungen

 

Orientierungssatz

Die Höhe, Anpassung und Neubemessung der Regelleistungen nach § 20 SGB 2 und das Verfahren der Regelsatzbemessung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.05.2007; Aktenzeichen B 11b AS 39/06 R)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB (II), in der Berufungsinstanz ist noch streitig die Höhe der monatlichen Regelleistung, die der Kläger für verfassungswidrig zu niedrig hält.

Der ... 1960 geborene Kläger bezog bis zum 16. September 2004 Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) - wöchentlicher Leistungssatz zuletzt 250,88 €. Der Kläger bewohnt mit seiner ... 1959 geborenen Partnerin - C R - und dem ... 1997 geborenen gemeinsamen Sohn J sowie dem Vater der Partnerin ein Hausgründstück, deren Eigentümerin die Partnerin ist. Die Partnerin ist berufstätig und hat im Monat Oktober 2004 ein Brutto-Arbeitsentgelt von 1.154,81 € erzielt (Netto-Arbeitsentgelt 866,73 €). Auf den Antrag vom 18. November 2004 wurde dem Kläger und den weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft (C und J) mit Bescheid vom 13. Dezember 2004 der Agentur für Arbeit G eine monatliche Leistung nach dem SGB II in Höhe von 488,99 € bewilligt; mit enthalten war der befristete Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß § 24 SGB II in monatlicher Höhe von 380,00 € (der vom Gesetz für diese Bedarfsgemeinschaft vorgesehene Höchstbetrag). Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, dass die Kosten der Unterkunft und Versicherungsbeiträge für die beiden PKW nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Unter Berücksichtigung dieser Einwände, erließ die Beklagte den Änderungsbescheid vom 2. Juni 2005, mit dem nunmehr monatliche Leistungen in Höhe von 556,84 € für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 bewilligt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2005 wurde der weitergehende Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 4. Juli 2005 Klage beim SG Hildesheim erhoben und nach Kenntnisnahme des Abänderungsbescheides sein Begehren darauf beschränkt, dass der Regelsatz verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt worden sei. Der monatliche Regelsatz von 345,00 € sei nicht geeignet, das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern. Das Verfahren zur Festsetzung des Regelsatzes sei nicht transparent gewesen.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 1. November 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach der Abänderung des monatlichen Leistungsbetrages die Höhe der Zahlungen nicht mehr zu beanstanden sei. Die gesetzlich festgeschriebene Höhe der Regelleistung - § 20 Abs 2 SGB II - verletze weder die Menschenwürde noch das Sozialstaatsprinzip. Bei allen Entscheidungen über soziale Hilfen, die über die Gewährung der absolut unerlässlichen Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein hinausgingen, habe der Gesetzgeber einen weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum. Dieser sei hier nicht verletzt worden.

Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 28. November 2005 zugestellt.

Der Kläger hat am 19. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Er trägt unter Hinweis auf sozialrechtliche Veröffentlichungen vor, dass der Regelsatz mit 345,00 € verfassungswidrig zu niedrig bemessen sei. Nach einem Aufsatz von Frommann (Warum nicht 627,00 €? Zur Bemessung des Regelsatzes der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für das Jahr 2005, NDV 2004, Seite 246) müsse davon ausgegangen werden, dass dieser Wert das soziokulturelle Existenzminimum wiedergebe. Dieser Betrag müsse daher der Bedarfsberechnung zugrunde gelegt werden.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

1.

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 1. November 2005 aufzuheben und den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 13. Dezember 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 2. Juni 2005 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagen vom 8. Juni 2006 zu ändern,

2.

die Beklagte zu verurteilen, ihm - dem Kläger - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Regelsatzes von 627,00 € anstelle von 345,00 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat erteilt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagen verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch den Senat, §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG.

Die Berufung ist zulässig.

Insbe...

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