Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen. Zustimmungserfordernis. Anzeigepflicht. Pflegeeinrichtung in Niedersachsen. öffentliche Förderung. Konzessionsabgaben auf Lotterie- und Wetteinnahmen. Berichtigung des Passivrubrums

 

Orientierungssatz

1. Die Umstellung einer Klage auf den richtigen Beklagten ist auch nach Ablauf der Klagefrist zulässig, wenn es sich hierbei zumindest nur um eine Berichtigung im Verhältnis von Widerspruchs- und Ausgangsbehörde handelt.

2. Eine öffentliche Förderung iS von § 82 Abs 3 S 1 SGB 11 liegt nur dann vor, wenn sie einrichtungs- bzw objektbezogen, nicht jedoch nur bewohner- bzw subjektbezogen erfolgt. Bewohner- bzw subjektbezogene Zuschüsse stellen keine öffentliche Förderung der Einrichtung, sondern eine dem jeweiligen Pflegebedürftigen zugute kommende Sozialleistung sui generis dar (vgl BSG vom 24.7.2003 - B 3 P 1/03 R = BSGE 91, 182 = SozR 4-3300 § 82 Nr 1; OVG Lüneburg vom 22.1.2003 - 4 LC 146/02 = RsDE Nr 57, 71).

3. Der in § 13 Abs 1 NPflegeG idF vom 21.1.1999 (juris: PflegeG ND) geregelte Zuschuss für die Träger von vollstationären Einrichtungen der Dauerpflege hängt von der Bedürftigkeit des Heimbewohners ab und ist mithin subjektbezogen. Dementsprechend bedarf es keiner Zustimmung nach § 82 Abs 3 SGB 11, um den Pflegeheimbewohnern für die Inanspruchnahme vollstationärer Dauerpflegeplätze betriebsnotwendige Investitionsaufwendung gesondert in Rechnung stellen zu dürfen. Erforderlich ist lediglich eine Mitteilung nach § 82 Abs 4 SGB 11.

4. Dem eindeutigen Wortlaut des § 82 Abs 4 SGB 11 ist zu entnehmen, dass es darauf ankommt, ob die Pflegeeinrichtung tatsächlich nach Landesrecht gefördert wird. Eine in der Vergangenheit erfolgte Zuwendung von öffentlichen Mitteln - zB der Konzessionsabgabe aus Lotto- und Totomitteln - ist nicht als Förderung in diesem Sinne anzusehen, weil nicht jede denkbare öffentliche Förderung gemeint ist, sondern nur diejenige von Investitionsfolgekosten.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.03.2011; Aktenzeichen B 3 P 3/10 R)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 23. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin, Investitionsaufwendungen für die vollstationäre Pflege und die Tagespflege gesondert berechnen zu dürfen.

Die Klägerin ist Trägerin der Pflegeeinrichtung “S..." (Seniorenzentrum R...) in B.... In dem hier streitigen Zeitraum von Januar 1999 bis Juni 2000 verfügte die Einrichtung über 44 Pflegeplätze für Langzeitpflege (vollstationäre Pflege) und 10 Plätze für die Tagespflege (teilstationäre Pflege). Teilweise wurden die Langzeitpflege-Plätze auch für die Durchführung von Kurzzeitpflege genutzt. Der Beklagte hatte die Einrichtung dem Grunde nach als förderfähig nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz (NPflegeG) mit Bescheiden vom 2. September 1996 (bezüglich der Dauerpflege) und vom 16. Januar 1998 (bezüglich der Tagespflege) anerkannt. Da am 1. Januar 1999 eine andere gesetzliche Regelung über die Förderung der Investitionsfolgekosten in Kraft trat, beantragte die Klägerin bei dem Beklagten mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 die Förderung nach dem NPflegeG ab 1. Januar 1999. Nach Übersendung umfangreicher Unterlagen u.a. über Zinsen für Fremdkapital, Eigenkapital, Kosten für Instandhaltung und Abschreibungen etc. stimmte der Beklagte mit Bescheid vom 10. August 2000 der gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 30. Juni 2000 in Höhe von täglich 28,49 DM für die Tagespflege zu. Mit Bescheid vom selben Tag stimmte er der gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen in Höhe von 44,25 DM pro Platz und Tag für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 30. Juni 2000 für die Dauerpflege zu. Der Betrag könne als kalendertäglicher Tagesbetrag in Höhe von 43,64 DM oder als Monatsbetrag in Höhe von 1.327,50 DM in Rechnung gestellt werden. Als Rechtsgrundlage wurden in beiden Bescheiden § 82 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) und §§ 19, 9 NPflegeG sowie die dazugehörigen Bestimmungen der Durchführungsverordnung zum NPflegeG angeführt. Eine Förderung gewährte der Beklagte dem Heim der Klägerin für den genannten Zeitraum nur insoweit, als er mit Bescheid vom 14. September 2000 für die Kurzzeitpflegeplätze für sechs Quartale insgesamt 31.082,80 DM bewilligte (Belegungstage pro Quartal x 43,64 DM).

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 25. August 2000, bei dem Beklagten am 7. September 2000 eingegangen, Widerspruch gegen die Bescheide vom 10. August 2000. Zur Begründung gab sie an, dass sie eine abweichende Auffassung über die Anrechnung von Toto-Lotto-Mitteln bei der Ermittlung der Investitionskosten habe. Der Beklagte informierte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 8. Septe...

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