Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Verfassungsmäßigkeit. Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3

 

Orientierungssatz

Durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zugunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB 2 sind Verfassungsrechte auch der Arbeitslosen nicht verletzt, die eine Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3 abgegeben haben. Ein Anspruch auf Fortzahlung von Leistungen in der bis zum 31.12.2004 gewährten Höhe besteht nicht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.11.2006; Aktenzeichen B 11b AS 3/06 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der den Klägern ab 1. Januar 2005 zustehenden Leistungen streitig.

Der 1945 geborene Kläger zu 1) stand seit 1999 im Leistungsbezug bei der Bundesagentur für Arbeit und erhielt seit 2002 bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von zuletzt 247,17 € wöchentlich. Bereits am 23. September 2003 hatte er eine Erklärung zu § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) unterzeichnet, wonach er Alhi “unter erleichterten Voraussetzungen" erhalten kann. In dem vom Kläger zu 1) unterzeichneten Vordruck sind die “erleichterten Voraussetzungen" dahin umschrieben, dass er auch Leistungen erhalten könne, wenn er nicht mehr arbeiten möchte; außerdem müsse er zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente beantragen.

Am 20. Oktober 2004 beantragte der Kläger zu 1) die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Er bewohnt mit seiner am 5. Juni 1948 geborenen Ehefrau - der Klägerin zu 2) - ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 95 m² und einer Grundstücksgröße von 202 m². Er ist ferner Eigentümer eines im Jahr 1998 zugelassenen Pkw, für dessen Haftpflichtversicherung einschließlich Kaskoversicherung monatlich 29,85 € aufgewendet werden.

Den Klägern wurden ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 777,86 € gewährt, bestehend aus zwei Regelsätzen von je 311,00 € und den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 155,86 € (Bescheid der Agentur für Arbeit H., insoweit Rechtsvorgängerin des Beklagten, vom 19. November 2004; Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 21. Januar 2005).

Mit der am 1. Februar 2005 beim Sozialgericht (SG) Oldenburg erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, dem Kläger zu 1) sei im Zusammenhang mit der Erklärung nach § 428 SGB III die Zusicherung gegeben worden, bis zum Eintritt in die Rente Alhi in Höhe von zirka 1.070,00 € monatlich zu beziehen. Sie erhielten jedoch mit dem Arbeitslosengeld II (Alg II) um 290,00 € niedrigere Leistungen. Dies verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Darüber hinaus sei der Beklagte verpflichtet, die Kosten des Klägers zu 1) für die Haftpflichtversicherung seines Kraftfahrzeuges (Kfz) in Höhe von monatlich 29,85 € als Bedarf anzuerkennen.

Das SG hat mit Urteil vom 8. Juli 2005 die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe die den Klägern zustehenden Leistungen nach dem SGB II richtig berechnet. Mit der am 23. September 2003 unterschriebenen Erklärung nach § 428 SGB III habe der Kläger zu 1) keine Zusicherung der Bundesanstalt für Arbeit erhalten, bis zum Rentenbeginn Alhi in der bisherigen Höhe zu erhalten. Der Wegfall der Bestimmungen über den Bezug von Alhi und deren Einordnung in das SGB II begegnete keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Kläger zu 1) könne sich nicht auf besondere Gründe des Vertrauensschutzes berufen. Schließlich hätten die Kläger keinen Anspruch darauf, dass die Kfz-Pflichtversicherung als Bedarf leistungserhöhend berücksichtigt werde.

Gegen das am 30. August 2005 zugestellte Urteil haben die Kläger am 28. September 2005 Berufung eingelegt und verweisen zur Begründung auf ein Gutachten von Prof. Dr. I., Universität J. von April 2005. Prof. I. ist in seiner Stellungnahme zum Ergebnis gekommen, dass die Absenkung des Alhi-Anspruchs auf die Pauschalbeträge des Alg II-Niveaus für den Personenkreis des § 428 SGB III weder geeignet noch erforderlich gewesen sei, fürchtet allerdings im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), dass die Intensität dieses Eingriffs als gerade noch haltbar angesehen werde.

Die Kläger beantragen,

1. das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 8. Juli 2005 aufzuheben und den Bescheid der Agentur für Arbeit H. vom 19. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 21. Januar 2005 zu ändern,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihnen - den Klägern - anstelle der mit dem angefochtenen Bescheid bewilligten Leistungen solche in der Höhe zu zahlen, die der Kläger zu 1) bis zum 31. Dezember 2004 als Arbeitslosenhilfe bezogen hat,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, ihnen -...

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