Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Überprüfung der Kodierung durch Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Nachgang. Prüfung nach § 275 Abs 1c SGB 5. Aufwandspauschale. Zinsanspruch

 

Orientierungssatz

1. Leitet eine Krankenkasse die Prüfung durch den Medizinischen Dienst im Nachgang zum übersandten Datensatz eines Krankenhauses mit dem Auftrag der Überprüfung der Kodierung ein und erfolgt dies mit der Zielsetzung einer Minderung des Rechnungsbetrages, handelt es sich um eine Prüfung nach § 275 Abs 1c SGB 5.

2. Ein Zinsanspruch kann nicht auf Vereinbarungen oder sonstige Regelungen zum Anspruch für erbrachte Leistungen gestützt werden, da die Aufwandspauschale kein Vergütungsanspruch des Leistungserbringers ist (vgl BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 24/14 R).

 

Normenkette

SGB V § 275 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1c S. 3, §§ 39, 301, 112; KHG § 17c Abs. 2; SGG § 94

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.10.2016; Aktenzeichen B 1 KR 22/16 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover 11. April 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 300,00 Euro.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1 c S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Höhe von 300 €.

Die Klägerin ist Trägerin des S. Klinikums H.-P. Zugrunde lag der Behandlungsfall der bei der Beklagten versicherten Patienten A. B., geb. 1925, die in der Zeit vom 5. bis 13. Januar 2010 im S. Klinikum H.-P. stationär behandelt wurde. Die Aufnahme erfolgte wegen einer unteren gastrointestinalen Blutung, am ehesten aus Hämorrhoiden.

Mit Rechnung im Datenträgeraustauschverfahren vom 19. Januar 2010 berechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten für den Behandlungsfall die DRG G 48 C in Höhe von 2374,26 €; die Rechnung war wie folgt aufgeschlüsselt:

 Entlassungshauptdiagnose:

 I84.8

 Entlassungsnebendiagnose(n):

 Y57.9 /K52.9 /Z92.1 /I48.10/Z95.0 /I10.00 /D12.5 /D68.8 /I

 ICPM-Codes

 1-650.2 /1-653 /5-452.21 /5-469.C3 /8-930 /1-632 /

Die Beklagte beauftragte daraufhin den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Fragestellung: “Überprüfung der Kodierung.„ Mit Gutachten vom 12. Januar 2011 führte der MDK durch die Allgemeinmedizinerin H. aus, dass die Hauptdiagnose korrekt kodiert sei. Die sonstigen Komplikationen umfassten die Hämorrhoidalblutung. Der Sachverhalt werde ergänzt durch Y57! (Komplikationen durch Arzneimittel und Drogen). Damit sei die Tatsache ausgerückt, dass die Blutung unter Marcumartherapie entstanden sei, so dass die zusätzliche Kodierung von D 68.8 entbehrlich sei. Zusammenfassend bleibe es auch nach der Korrektur bei der DRG G 48 C.

Mit Rechnung vom 24. Januar 2011 berechnete die Klägerin die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1 c S. 3 SGB V in Höhe von 300 €. Die Beklagte lehnte den Ausgleich mit Kurznachricht vom 28. Januar 2011 ab. Zwar habe das MDK-Gutachten keine Änderung der DRG ergeben, aufgrund der Falschkodierung des OPS D 68.8 sei jedoch nach ihrer Auffassung keine Pauschale zu zahlen (BSG-Urteil vom 22. Juni 2010).

Hiergegen hat die Klägerin am 14. Februar 2011 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie habe einen Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale, da die Begutachtung durch den MDK zu keiner Minderung des Rechnungsbetrages geführt habe. Die Aufwandspauschale entfalle nur dann, wenn die Prüfung durch eine fehlerhafte Kodierung des Krankenhauses veranlasst worden sei. Dies sei jedoch nicht der Fall, denn die codierte Hauptdiagnose und die Prozeduren seien von der Beklagten gar nicht hinterfragt worden. Die vom MDK gestrichene Nebendiagnose sei isoliert in keiner Form gruppierungsrelevant. Selbst wenn der MDK mit der Streichung der Nebendiagnose Recht haben sollte, so hätte die Prüfung durch diesen Umstand nicht verursacht worden sein können, da die Streichung der Nebendiagnose eben in keiner Form geeignet gewesen sei, eine andere Einstufung der DRG zu bewirken. Daneben hat die Klägerin die Zahlung von Prozesszinsen geltend gemacht.

Dem hat die Beklagte entgegengehalten, dass die Klägerin die Prüfung durch den MDK durch die fehlerhafte Kombination der Diagnosen selbst verschuldet habe. Ohne die falsche Meldung gemäß § 301 SGB V und die sich daraus ergebenden Fragen zur ordnungsgemäßen Abrechnung wäre es zu keinen Auffälligkeiten in der Abrechnung gekommen und die Beklagte hätte die Prüfung durch den MDK gar nicht veranlasst. Zum Beispiel hätte die Streichung der D 68.8 im Zusammenhang mit einer Streichung der K 87.6 zur Folge, dass statt der abgerechneten DRG G 48 C mit 2292,47 € nur die DRG G 71 Z mit 1364,43 € abzurechnen gewesen wäre.

Mit Urteil vom 11. April 2013 hat das SG die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung der Aufwandspauschale verurteilt. Die Beklagte habe nach Abrechnung des Behandlungsfalles eine Prüfung mit dem Ziel der Verminderung des Rechnungsbetrages eingeleitet. Hier...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge